“Wherever you go becomes a part of you somehow.”
Tandiss: Norman, direkt nach der Landung in Tel Aviv meintest du: „Ich bin verliebt, verliebt in diese Stadt!“ Selbst jetzt im Flugzeug redest du von nichts anderem. Kannst du beschreiben wieso es dir gerade diese Stadt so angetan hat?
Norman: Vielleicht bin ich gerade noch zu aufgeladen. Die letzten Tage gingen mir derart unter die Haut und haben ebenso viele Endorphine freigesetzt, dass ich mich nur schwer sortieren kann. Doch um deiner Frage ein wenig gerecht zu werden: Es ist diese unfassbare Gelassenheit, der Sexappeal von Tel Aviv und diese fantastische Hitze Tag und Nacht – es zieht mich magisch an. Dazu noch ein Klima, von dem wir Nordlichter nur träumen können und eine Architektur, die latent zum Fotografieren verleitet. Denk doch mal unserer Abend auf dem Balkon: Da lag etwas in der Luft. #MAGISCH
Tandiss: Jerusalem war für uns aus diversen Gründen eine sehr heftige und auch sehr emotionale Zeit. Besonders nachdem wir von den Unruhen mitbekommen haben. Seien wir mal ehrlich, wir hätten mittendrin sein können. Denkst du dennoch, dass jeder, der Israel besucht auch auf jeden Fall nach Jerusalem fahren sollte?
Norman: Keine Stadt hat die Geschichte der Menschheit mehr geprägt. Egal zu welcher Glaubensgruppe du zählst oder nicht, diesen Ort sollte man einmal im Leben besucht haben. Selbst wenn auch meine Erfahrungen nicht nur von positiven Aspekten geprägt sind, bin ich unfassbar dankbar, einen der heiligsten Orte der Welt aus nächster Nähe erlebt zu haben.
Tandiss: Wie viel wusstest du über das Land im Vorfeld? Wir beide hatten ja unsere Berührungspunkte mit Israel in unserer Vergangenheit. Für wie wichtig hältst du es informiert zu sein, auch wenn man ausschließlich Zeit in Tel Aviv verbringen will?
Norman: Wirklich kommentiert habe ich meine besondere Nähe zu Israel bisher nur selten in der Öffentlichkeit, da es schon sehr privat ist. Doch ist es unlängst kein Geheimnis, dass ich einst über 1 Jahr mit einem Mann aus Jerusalem fest liiert war. Er israelischer Jude, ich deutscher Atheist, es gab eine Menge Gesprächsstoff. Die Beziehung hielt nicht, doch genoss ich viele kommunikative Insights über Israel, welche mir sonst wohl verborgen blieben. Nach Israel zu reisen bedeutet auch, die Menschen und ihre Gepflogenheiten zu verstehen, das gilt auch für Tel Aviv.
Tandiss: Du hast mal gesagt, wenn es um Israel geht, hast du unendlich viele Fragen. Hat dir der Trip Aufschluss geben können?
Norman: Definitiv. Ich hatte immer eine Vorstellung bzw. eine Idee davon, was das Holy Land in mir bewirkt, wie ich fühlen würde, wenn ich erstmals vor Ort bin. Doch wie so oft, war der reale Blick viel intensiver. Vor allem die 48 Stunden haben mein Denken nicht nur beeinflusst, sondern auch ein stückweit verändert. Wie wir es in den vergangen Tagen unseren Lesern mehrfach gesagt haben: „Glaube ist nicht die Rechtfertigung für alles.“
Tandiss: Wir haben ja schon unter den Beiträgen die Frage beantwortet und Dinge aufgezählt, die wir so schnell nicht vergessen werden. Aber jetzt nach den 4 Tagen, kannst du den Punkt bringen, was dein Lieblingserlebnis war?
Norman: „LIFE IS A BEACH!“ – das haben wir quasi kollektiv entschieden. Nichts wird der Stadt mehr gerecht, als die Abende an den unfassbaren Stränden von Jaffa-Tel Aviv zu verbringen.
Tandiss: Wenn du morgen nochmal nach Tel Aviv fliegen könntest, wer weiß für wie lang, was würdest du anders machen oder besser gesagt, was würdest du noch machen? Wir haben uns ja ziemlich viel auf das Beach Feeling eingelassen, viel regionale Küche verspeist und in einem eher traditionellem Programm Jerusalem erkundet.
Norman: Das fragst du jetzt? Kurz vor der Landung in Berlin? Tandiss, das Beste, was man in Tel Aviv machen kann, ist so lange wie nur möglich zu bleiben. Der Schmogi Berlin wird uns immer bleiben, keine Sorge. Um dennoch auf deine Frage einzugehen: Tel Aviv hat beispielsweise eine lebendige Kunst- und Designkultur. Zu gerne würde ich tiefer einsteigen, lokale Artists persönlich treffen, um stärker vernetzt zu sein.
Tandiss: Wie stehst du zum Thema Überwachungsstaat? Man liest darüber, man hört davon, doch die Eindrücke vor Ort waren teilweise nur schwer zu verdauen: Armee-Flugzeuge überall, stetig bewaffnete Beamte und Soldaten mit schwerem Geschossen. Ich fand das sehr unangenehm und war teilweise sehr eingeschüchtert, gar verängstigt. Wie hast du es empfunden?
Norman: Kann das nur spiegeln. Die politische Situation Israels lässt vermutlich keinen andern Weg zu, doch war es zuweilen ein großer emotionaler Störfaktor, Teil dieser Überwachungs-Kultur zu sein. Mich zum Thema Armee oder Waffen zu befragen, können wir an dieser Stelle jedoch gleich skippen: Ich kann mich ohnehin nicht entscheiden, welches Wort ich mehr verachte. Ich habe eine tiefe Abneigung gegen Waffen und kann mich ebenso wenig zum Wehrdienst äußern ohne, dass mir dabei wütend das Niveau abrutscht.
Tandiss: Lass mich eine Frage zum Thema Religion ansprechen. Diskussionen rund um die verschiedenen Glaubensgemeinschaften kamen eigentlich täglich vor, in Jerusalem haben wir schlussendlich über nichts anderes mehr geredet. Was sollte deiner Meinung nach jeder wissen, bevor er nach Jerusalem reist.
Norman: Ganz ehrlich, egal welchen Glauben du vertrittst, ob namentlich benannt, selbst kreiert oder frei wie ein Vogel. Jeder sollte frei von Vorurteilen einreisen. Wenngleich das gelobte Land an dieser Stelle einiges an Toleranz abverlangt, versuche ich stets so groß wie möglich zu denken. Mag sein, dass du hier und da ordentlich einstecken musst, wie wir dieser Tage schmerzlich feststellen mussten, spricht dich Religion nicht frei von Oberflächlichkeit. Doch genau so hoch wie die Dichte an Intoleranz ist auch die Anzahl der Menschen, die dich mit Wärme und offenen Armen empfangen.
Tandiss: Freust du dich wieder auf Berlin und deinen Alltag? Dein Job und Reisen gehen ja Hand in Hand, drum frage ich mal detaillierter: War Tel Aviv jetzt nur eine Reise wie jede andere?
Norman: Das ich darauf nicht antworten kann ist doch Antwort genug. Momentan blutet mir tatsächlich das Herz. Zu gerne wäre ich geblieben – was sonst nur selten oder eher gar nicht vorkommt. Ich sehe den Trip als Anfang, nicht als Ende einer Reise. Das tut mir gut!
Tandiss: DITO!