Den Erzählungen von allerlei Freunden und Bekannten zufolge, die schon mal eine Zeit, und sei es nur ein paar Tage, auf Sardinien verbracht haben, musste die Insel im Mittelmeer wohl das Paradies auf Erden sein. Sie schwärmten von malerischen Buchten, türkisblauem Wasser und pittoresken Städtchen. Nun endlich bekam ich ebenfalls die Möglichkeit, im Rahmen von 2NIGHTS, diesen Schwärmereien auf den Grund zu gehen und mir selbst einen Eindruck von der Insel zu verschaffen.
Am 17. Mai hob der easyJet-Flieger vom Flughafen Berlin-Schönefeld mit Ziel Cagliari, capitale di Sardegna, ab. Lediglich knapp 2 Flugstunden später waren wir bereits im Landeanflug auf die Mittelmeerinsel. Schon im Sinkflug eröffnete sich uns ein traumhaftes Panorama: der Golf von Cagliari präsentierte sich in glitzerndem Sonnenlicht, türkisblaue Lagunensee lagen wie mit dem Pinsel in die Landschaft getupft unter uns und ein dichtes Häusermeer drängte sich um die hoch über der Stadt thronende Festung. Nun war der Hebel eindeutig auf Urlaub gestellt!
Sardinien ist mit seiner Fläche von etwas mehr als 24.000 km² nach Sizilien die zweitgrößte Insel im Mittelmeerraum und wird von ungefähr 1,7 Millionen Insulanern bewohnt. Unsere Reise führte uns jedoch ausschließlich in die Region um Cagliari, die flächengrößte und bevölkerungsreichste der sardischen Provinzen. Durch seine besondere Lage, umgeben von Sardischem und Tyrrhenischem Meer, war die Insel im Fortlauf der Geschichte zahlreichen kulturellen Einflüssen unterworfen. 202 km trennen Sardinien vom italienischen Festland im Osten, Tunesien liegt nur 184 km weiter südlich und das französische Korsika schließt in 12 km Entfernung praktisch an die Insel an.
Das besondere an Sardinien ist, dass die Gesamtfläche des Verwaltungsgebietes Sardegna gar nicht exakt zu bemessen ist, da der Insel zahllose Inseln und winzige Archipel vorgelagert sind. Die Kultur der Sarden kann auf eine 6000 Jahre alte Geschichte zurückblicken, die von wechselnden Herrschaftsverhältnissen, autarken Bestrebungen und kulturellen Konflikten geprägt ist. Das macht sich vor allem in der Sprache der Einheimischen bemerkbar: Während in der Praxis das Italienische dominiert, sprechen weite Teile der Bevölkerung außerdem das vom italienisch unabhängige Sardisch, dass im Gegensatz zu anderen romanischen Sprachen, viele phonetische und grammatikalische Elemente des Lateinischen bewahrt hat. Darüber hinaus gibt es ein katalanisches Sprachgebiet und, vor allem entlang der Nordküste, halten sich permanent korsische Sprachinseln.
Aber nun rasch zurück zu unserer Reise: Nach der Landung in Cagliari durften wir während einer ausgiebigen Taxifahrt typisch italienischer Art, schon mal einen Blick auf die Hauptstadt der Sarden erhaschen. Über großzügige Promenaden, überfüllte Umgehungsstraßen und hügelige Wege, strebten wir unserer Unterkunft zu.
Wobei „Unterkunft“ an dieser Stelle wohl die Untertreibung des Jahres ist. Die traumhafte Residenz, die uns von charming sardinia zur Verfügung gestellt wurde, ist eine Villa aus dem frühen 20. Jahrhundert, die nach einer aufwendigen Renovierung zu neuem Leben erweckt wurde. Hier bezogen wir nicht nur ein schnödes Zimmer, sondern eine ganze Etage des Hauses. Beim Blick vom Balkon wähnte ich mich zunächst in Kalifornien. Unser Traumhaus lag, unweit vom Zentrum Cagliaris, direkt an der von Palmen gesäumten Promenade und eröffnete uns den direkten Blick auf den unendlich langen weißen Sandstrand der Stadt und die funkelnde Weite des Meeres.
Nachdem wir unsere Räume bezogen hatten, strebten wir aber nach draußen, wo Sonne, Meer und die Stadt auf uns warteten. Cagliari selbst ist mit knapp 160.000 Einwohnern kaum eine deutsche Kleinstadt, wirkt aber durch zahlreiche kleine Vorstädte und die Strukturierung der Stadt, verhältnismäßig weitläufig. Der Golf von Cagliari beginnt im Golfo degli Angeli, wo ein riesiger Salzgarten und das Fischerdorf Giorgino zu finden sind, und findet seinen Abschluss im Golfo di Quartu, mit dem mondänen Yachthafen und der Sella del Diavolo, ein Felsmassiv in der Form eines Sattels, auf dem man, nach einer kurzen Fahrt mit dem Bus, wunderbar zwischen reichhaltiger, saftiger Natur, versteckten Buchten und antiken Zitadellen wandern kann und einen unvergleichlichen Blick über den Golf und die Stadt hat.
Hoch über der Szenerie, auf einer Hügelspitze, liegt, von der Altstadt Cagliaris eingeschlossen, das jahrhundertschwere Schlossviertel aus dem 13. Jahrhundert, dem eine opulente Festungsanlage mit Schlossmauern und Türmen ihren Namen gibt. Hier findet man auch die beiden Türme aus pisanischer Zeit, die vom berühmtesten Architekten seiner Zeit, Giovanni Capula, entworfen und umgesetzt wurden.
Die Umgebung der Zitadelle, also die Altstadt von Cagliari wird Castello genannt und bietet durch die Lage auf jener Hügelspitze begünstigt, einen Blick über den gesamten Golf bis weit hinaus aufs Meer. Hier läuft man durch dunkle, schmale Gassen, sieht verfallene Fassaden und bröckelnden Stuck und wird sofort vom maroden Charme der Küstenstadt verzaubert. Trotz aufwendigen Sanierungen, sind noch zahlreiche architektonische Spuren auszumachen. Es waren die Römer, Pisaner und Spanier die der Stadt im Laufe der Geschichte ihren Stempel aufgedrückt haben. Schaut man genauer hin, wird das Bild des Castello vom Dom, imposanten Museen und herrschaftlichen Palazzos geprägt.Im 2.Weltkrieg fielen weite Teile der Altstadt dem Bombenhagel zum Opfer, wurde aber Ende der 90er komplett restauriert und stellt nun, eingebettet in einen wundervoll grünen Stadtpark, die Kulisse für viele Ausstellungen und Kulturveranstaltungen.
Gegen Abend hatten wir den Tipp bekommen, unbedingt den steilen Weg zur Bastione San Remy anzutreten. Dieser Tipp war wahrlich Gold wert! Die klassizistische Terrasse wurde 1901 auf die alte Bastion gebaut und gewährt einen einmaligen Blick über das beleuchtete Häusermeer und einen unvergleichlich schönen Sonnenuntergang am Horizont. Nach diesem Spektakel bieten einige Cafés und Vinotheken rund um die Bastione, die Gelegenheit bei einem vorzüglichen Glas Wein (sehr süffig und sehr, sehr alkoholreich!), den Sternenhimmel zu genießen.
Der nächste Tag hielt abermals ein umfangreiches Programm für uns bereit. Zunächst machten wir uns auf, um der Markthalle San Benedetto einen Besuch abzustatten. Eine Markthalle, die so gar nicht dem Bild des chaotischen, italienischen Wochenmarktes entspricht. Sehr geordnet und sauber reiht sich hier auf etwa 4000 m² ein Marktstand an den anderen, die die kulinarische Reichhaltigkeit der Insel mit allen, wirklich allen Sinnen erfahrbar machen. Schnuppernd, fühlend und schmeckend wühlt man sich durch alle Arten von Obst und Gemüse, eingelegt, getrocknet oder frisch vom Baum, durch riesige Laiber Käse, Fleischwaren von jeder Art Tier, die über 100 sardischen Brotsorten und natürlich eine Reihe von ausgesuchten, mediterranen Weinen. Ein Highlight dort ist die variationsreiche Fischtheke, wo für all jene, die früh genug dran sind, Muscheln, Krabben, Garnelen, Langusten und allerlei leckere Speisefische feilgeboten werden.
Nach der kulinarischen Reise durch die Markthalle zog es uns nun endlich zum Hausstrand der Sarden, dem Poetto. Ein kilometerlanger Strand mit feinstem, weißem Sand, der von Einheimischen und Touristen gleichermaßen frequentiert wird und dementsprechend auch dick überfüllt ist. Wer es entspannter mag und sich nicht in den Kampf um einen Liegeplatz begeben will, kann sich in eine der vielen Strandbars setzen und bei einem kühlen Bier die Füße hochlegen und dem Treiben beiwohnen. Die Strandpromenade, die vom Poetto zum Yachthafen führt, ist für den Verkehr gesperrt und mutiert in den Abendstunden zur Flaniermeile der Schönen und Reichen.
Ein entspanntes Bad später, zogen wir bummelnd durch die Unterstadt Cagliaris, die entlang der breiten Einkaufsstraßen und unter wundervollen Arkaden, von edlen Boutiquen über teure Schmuckgeschäfte bis hin zu hippen Sneaker- und Streetwearläden alles bietet, was das Herz begehrt. Doch aufgepasst! In den Nachmittagsstunden ist die Unterstadt wie leer gefegt, denn die normalen Geschäftszeiten der Geschäftesind von 9 bis 13 Uhr und dann erst wieder von 17 bis 20 Uhr. Dazwischen fällt die Stadt in eine kollektive Trägheit.
Den Abend begannen wir bei einem Glas Wein auf dem belebten, zentralen Platz der Stadt, der Piazza Yenne, von wo aus wir in eine der sympathisch südländischen Trattorias einkehrten, um mit vollgeschlagenen Bäuchen und animiert vom Wein, mal auszutesten, was das Nachtleben von Cagliari zu bieten hat. Die Clubs der Stadt sind natürlich kein Vergleich zu denen unserer Hauptstadt, strotzen aber durch ausladende, dem Meer zugewandte Terrassen nur so von mediterranem Flair.
Am nächsten Morgen hieß das Motto zu allem Unglück: „Koffer packen und ab zum Flughafen!“ Ein letztes Mal durch die Palmen vor unserer Villa flanieren, ein letztes Frühstück und schon war das Taxi da, das uns zum Flughafen bringen sollte. Im Gepäck hatte ich nach dieser Reise nicht nur jede Menge Eindrücke sondern auch die Gewissheit, in Zukunft in die Schwärmereien von Sardinien einstimmen zu können.