SCHIFF AHOY! MIT DER STENA LINE VON KIEL NACH GÖTEBORG
Ich befinde mich auf meiner Heimreise aus dem Südschwedischen Kalmar. Meine Zeit in Kalmar, in der Region Småland und auf der Insel Öland hat meine Vorstellungen weitaus übertroffen und weil ich einfach kein Typ für Abschiede bin, hätte ich diesen gerne noch ein wenig rausgezögert und noch ein paar Tage mehr in Schweden verbracht.
Das Abenteuer begann fast genau zur selben Zeit wie jetzt ca. 19:30 Uhr vor gerade mal 5 Tagen, als ich meinen geliehenen Outdoor Rucksack, den ich viel zu schwer gepackt habe, auf den blauen Teppichboden meiner Kabine fallen lasse. Sieht doch eigentlich ganz gemütlich aus, mit der gestreiften Bettdecke und dem kleinen Bullaugen Fenster über meinem Bett durch das ich den Kieler Hafen sehen kann. Mir sind Nachtfähren im allgemeinen nicht völlig fremd, ich bin als Kind bestimmt einmal im Jahr mit ebendiesen in den Sommerurlaub nach Sardinien mit meiner Familie gereist, und dennoch fühlt sich diese Art des Reisens einfach ungewohnt an und man muss sich auch fragen warum man im 21. Jahrhundert eigentlich noch eine so lange Fahrt auf sich nehmen sollte wenn man doch auch einfach fliegen könne?
Aber mir fällt gleich zu Beginn meines Aufenthaltes an Bord der Stena Line auf, wie angenehm es ist, nicht das typische Flughafen-Prozedere über sich ergehen lassen zu müssen: Kein warten, kein Gepäck aufgeben, kein anstehen und auf Board auch kein überteuertes Snackangebot wie an deutschen Flughäfen und kein Reinzwängen in Flugzeugsitze mit zu wenig Beinfreiheit und auch keinen Security Check – Passkontrolle dann geht’s schon wieder weiter! Abgesehen davon finde ich hat es schon was, auf so traditionelle Weise zu reisen, mal zu Entschleunigung und entspannt die Fahrzeit an Bord zu verbringen und eine Fähre ist auch besonders zuverlässig: Erst einmal innerhalb von 50 Jahren gab es einen Ausfall an Bord der Stena Line zu beklagen, wo ich mich gerade befinde. Ansonsten meist punktgenaue Ankunftszeit und so gut wie keine Verspätungen. Klar, mit großem Luxus an Bord sollte man hier nicht rechnen, aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Bullaugen Fenster und meiner gestreiften Bettdecke.
ANKUNFT IN SCHWEDEN
Meine Fahrt dauert die ganze Nacht, schließlich beträgt die die Route von Kiel nach Göteborg auch 236 nautische Meilen (437 km) und seit fast genau 50 Jahren wird diese Route schon von der Fährengesellschaft Stena Line befahren. Die Stena Germanica, ist übrigens die weltweit erste Methanol betriebene Fähre, dafür gibt es von mir auf jeden Fall einen Pluspunkt für umweltfreundlicheres Reisen und als ich mich vorhin mit mein Mitreisenden an Deck getroffen habe um die Abfahrt aus dem Kieler Hafen zu verfolgen, kommt dann doch auch bei mir ein bisschen Kreuzfahrt-Feeling auf.
Der nächste Morgen beginnt für mich erstaunlich ausgeschlafen, erholt und das Beste: In Göteborg! Über Nacht zu reisen ist doch ne super Sache! Ich habe allerdings für meinen Teil erst die Hälfte meiner Reise überstanden, denn es geht von hier noch weiter ins südschwedische Kalmar. Eine vierstündige Autofahrt heißt es noch zu überstehen, halb so wild – denn unterwegs klart der Himmel endlich auf, ich sehe Wald – viel Wald – durch welchen wir hindurch fahren und ich sehe Seen und hier und da entdecke ich das ersten Mal diese typischen schwedischen Häuser, gestrichen in gedecktem kaminrot. Schweden wie im Bilderbuch! Aber das sollte erst der Anfang sein…
Um mir ein Gefühl für die Stadt und die Umgebung zu machen, entschließe ich mich gleich nach der Ankunft für einen kleinen Spaziergang, entlang des Kanals bis hin zum Schloss Kalmar wo ich zwischen den alten Kanonen – die dürfen vor einer waschechten Burg natürlich nicht fehlen – eine Sitzbank entdecke. Von hier hat man einen wunderbaren Ausblick über das Meer, den Horizont und grüne Wiesen, gesäumt von Dünen, was für ein schönes Panorama! Ich war noch nie an der Ostsee. Ja tatsächlich. Gerade deshalb fühlt es sich an, hier auf dieser Aussichtsbank, als hätte ich gerade einen Haken auf meiner imaginäre To-Do Liste: „Ausblick über Ostsee genießen“ gemacht. Check!
ÖLAND
Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker um 6:30 Uhr, zu früh für mich, aber es ist ein Ausflug geplant auf die Insel Öland, die zweitgrößte schwedische Insel und bekannt als Sommerresidenz der Königlichen Familie, und da lohnt es sich schon mal früh aufzustehen. Also trinke ich schnell einen Kaffee und treffe mich mit meiner Reisegruppe. Zwischen Kalmar und Öland liegen nur 30 Minuten Fahrzeit mit dem Auto, und der Großteil der Strecke geht über die längste Brücke Schwedens: Die Ölandsbron.
Auf der Insel ist unser erster Stop das Schloss von Borgholm, bzw. dessen Ruine – ich bin jetzt kein Mittelalterfan wie man jetzt vielleicht denken mag, aber die Ruinen des im 17. Jahrhundert abgebrannten Schlosses sind absolut atemberaubend! Durch die glaslosen Fenster sieht man das Meer und durch die raue und unfertige Fassade des erhabenen Barockpalastes neigt das Auge diese zu ergänzen. Mein Zeichenlehrer hat mich früh gelehrt, es sei wichtig Kunst des Weglassens zu beherrschen. Mittlerweile habe ich verstanden was er damit gemeint hat, gerade hier fällt mir der Satz wieder ein, dass die Ruine nicht wieder totsaniert wurde ist ein wesentlicher Grund für den faszinierenden Eindruck den sie bei mir hinterlässt
Es geht weiter zu der ersten Fika während meiner Reise. Fika bedeutet Schwedische Kaffeepause – und wird hier zu Lande sehr ernst genommen. Zweimal täglich Fika: Einmal zwischen Frühstück und Mittagspause und dann nochmal gegen späteren Nachmittag. Auf dem Weg zum Schloss Café Kaffetorpet, schaue ich von der Rückbank aus dem Fenster während die Landschaft Ölands an mir vorbeirauscht. Ich bitte unsere Reisegruppe anzuhalten als ich die ersten Windmühlen erspähe, von denen ich im vornerein gelesen hatte. Unser Guide erklärt uns das heute nur noch um die 300 Exemplare erhalten sind. Früher hatte jede Bauernfamilie ihre eigene Windmühle, noch vor 50 Jahren waren es an die 3000. Als ich aus dem Auto aussteige fällt mir wieder auf wie wahnsinnig ruhig es hier ist, so ungewohnt für meine an die Großstadt gewöhnten Ohren und noch etwas fällt mir auf: Die Luft ist hier besonders mild und man möchte hier einfach nur tief einatmen und am liebsten etwas von der frischen Luft „abfüllen“ um sie für schwere Zeiten aufzubewahren. Ich spüre schon nach wenigen Stunden wie mich dieser Ort hier entschläunigt, ich kann mir gut vorstellen, dass das hier ein guter Ort für kreatives Arbeiten ist. Falls ich einmal vorhabe ein Buch zu schreiben, würde ich es hier machen.
Bevor es Abends wieder zurück nach Kalmar geht, nehmen wir uns noch die Zeit für eine zweite Fika. Ich bin begeistert von dem hübschen Laden-Cafe, wo es außer sehr viel Lakritze auch allerlei andere Kleinigkeiten gibt. Highlight ist aber hier ganz klar die Auswahl an kleinen Törtchen, Muffins, Tartes und Zimtschnecken. Im dazugehörigen Garten kann man wunderbar Kaffee unter Obstbäumen trinken.
MÖRTFORS & A WAY OF LIFE
Von meiner Reise nach Småland habe ich mir einiges erhofft, vor allem Schweden mit seiner Natur, seinen Wäldern und Seen kennen zu lernen. Heute sollte ich voll auf meine Kosten kommen, nachdem wir morgens das Glasreich Glasriket besichtigten. Mittags schon weiter tiefer ins Schwedische Innenland, genauer gesagt in das Dorf Mörtfors. So idyllisch gelegen, direkt an einem See trifft man hier auf eine bescheidene und bodenständige Gemeinde, es gibt nur ein einziges Geschäft hier, ein Antiquariat in einer ehemaligen Tankstelle und eine Pension mit Café.. Praktisch, ich verspüre nämlich das dringende Bedürfnis nach Kaffee und Törtchen! Man gewöhnt sich hier sehr schnell an diese Fika-Kultur, oder ich zumindest. Auf dem Weg ins Café begegne ich Kindern, die direkt von ihren Haustüren in dem zentral gelegenen See angeln und mir kritische Blicke zuwerfen. Hier in Mörtfors wohnen nur 85 Menschen, da fällt schnell auf wenn sich Touristen in das kleine Städtchen am See verirren. Hier scheint ein bisschen die Zeit stehen geblieben zu sein und ein wenig erinnert mich dieser Ort an die bayrischen Dörfer meiner Heimat.
Es gibt eine Sache die ich mir besonders von meiner Schweden Reise erhofft hatte, ich habe mir gewünscht einmal bei spätsommerlichen Temperaturen in einem der unzähligen Seen des Landes schwimmen zu gehen. Gegen Abend witterte ich meine Chance, denn zum Abend essen eingeladen in dem Retreat Hotel „A way of Life Graceful Living“ wusste ich im vornerein, wird es ein nahgelegenen See geben – weshalb ich morgens noch vorsorglich meinen Badeanzug eingepackt hatte. Mit meinem Badeanzug und einem Handtuch in der Hand stehe ich also bei leichter Dämmerung auf moosbewachsenen Felsen und vor mir erstreckt sich ein wunderschöne See, wie ein Spiegel gesäumt von Wäldern und keine Menschenseele außer mir – und zwei anderen kälteresistenten Reisebloggern die den selben Entschluss gefasst hatten. Den Steg entlang nehme ich mein Vorgehen in Angriff und lasse mich ins laue Wasser gleiten. Ich bin kein besonders guter Schwimmer, aber darum geht es mir auch nicht, für mich ist das der Inbegriff der Freiheit und Naturverbundenheit. Ein Gefühl von Euphorie macht sich in mir breit und ich bin in diesem Moment der glücklichste Mensch der Welt.
Meine Reise nach Schweden neigt sich dem Ende zu, auf dem Weg zurück nach Göteborg macht unsere Gruppe noch Halt in einem naturbelassenen Elch-Reservat. Hier gibt es außer Elchen auch Alpakas zu sehen, mit einem Wagen wird man wie auf einer Safari in das Elchgehege gefahren, wo man die faszinierenden Tiere aus nächster Nähe erleben kann.
Ich wünschte die Zeit wäre nicht so schnell vergangen, ich hatte gerade erst angefangen mich an meine neue Umgebung, die vielen Wälder und Seen zu gewöhnen und mit neuem Bewusstsein die Natur um mich herum zu erleben. Acht Stunden nach meiner Elch-Bekanntschaft sitze ich wieder an einem Schreibtisch an Bord der Stena Line auf dem Weg nach Kiel. Ich versuche meine Eindrücke in Worte zu fassen und fühle schon jetzt ein Gefühl von Sehnsucht, nach den dichten Wäldern und stillen Seen und der Freiheit einfach mal zu drauf los zu fahren.
KOOPERATION
Die Reise nach Schweden findet in Kooperation mit folgenden Partnern statt: Der Region Småland & Öland sowie Stena Line. Folgt unseren Partner auch auf Facebook, Instagram und Twitter. Sämtliche redaktionell entstandenen Beiträge bleiben von der Kooperation unberührt.
Wir freuen uns über das tolle Programm und sagen Danke für die Organisation der Reise!