Die Liebe: eines der schönsten oder vielleicht das schönste Gefühl der Welt, das sich in unzähligen Facetten und verschiedensten Lebensbereichen vorfinden lässt. Ein prominenter Kontext, in dem die Liebe nicht fehlen darf, ja, die gar zur – wenn auch nicht hinreichenden – Definition dieser Jahreszeit gehört, ist der Frühling. Und damit verbunden die Frühlingsgefühle, die für mich einen der krassesten Gegensätze zu unserem vorhergehenden Thema, dem Weltschmerz, darstellen. Und somit eindeutig eines dieser Gefühle, für das es sich zu leben lohnt. Das den Weltschmerz unvermittelt verschwinden lässt – zumindest in diesem Moment und das ohne jegliche Anstrengung.
Ich will hier keine umfassende Definition der Liebe allgemein oder von Frühlingsgefühlen im Spezifischen geben, da meiner Erfahrung nach auch bei ähnlichen Vorstellungen jeder darunter doch etwas anderes versteht, sodass ich mich im Folgenden dem Thema ausschließlich aus meiner eigenen Wahrnehmung heraus annähern werde.
Warum spricht man von Frühlingsgefühlen? Für mich bezeichnet dies eine Gefühlslage, die eine große Bandbreite umfasst: von allgemein einer größeren Offenheit für neue Erfahrungen und neue Menschen, vielleicht ausgelöst von einer größeren Lichtzufuhr, die insgesamt zu mehr Optimismus führt und damit einen Kontrast zum Wintereinigeln oder zur Winterdepression darstellt, bis hin zu Verliebtheitsgefühlen, die auch besonders dem Frühling zugeschrieben werden und natürlich auch aus der größeren Offenheit folgen.
„Für mich ist dieser Gefühlskomplex nicht zwangsläufig an diese eine Jahreszeit gebunden, man kann dies sicherlich auch alles im Winter erleben. Allerdings scheint der Frühling diese Gefühle zumindest zu befördern oder zu erwecken.“
Wie entstehen diese Gefühle? Für mich ist dieser Gefühlskomplex nicht zwangsläufig an diese eine Jahreszeit gebunden, man kann dies sicherlich auch alles im Winter erleben. Allerdings scheint der Frühling diese Gefühle zumindest zu befördern oder zu erwecken. Wenn man nicht völlig blind durchs Leben geht, fällt einem auf, wie in dieser Jahreszeit die Natur erwacht und alles plötzlich wieder voller Leben ist. Es wird wärmer und sonniger und man verlässt öfters die Wohnung, kommt also schon dadurch mehr in Kontakt zur Außenwelt und wird aktiver.
Ebenso kommen auch andere Lebewesen wieder aus ihren Höhlen und anderen Winterverstecken und die Welt wird wieder lauter. Man spürt die Verbundenheit zur Natur und dass man selbst ein Teil von ihr ist, sodass das äußerlich Erfahrbare im eigenen Inneren gespiegelt wird. Das zeigt sich darin, dass die Bewegung, die in Pflanzen und Tiere kommt – indem sie blühen bzw. sich wieder in der Außenwelt zeigen –, auch im eigenen Organismus erwacht. Und dies überträgt sich dann wiederum auf das persönliche Umfeld und die Menschen, mit denen man in Kontakt kommt.
„Man wird sensibler und aufmerksamer für die Außenwelt, auch weil es einfach mehr wahrzunehmen gibt.“
Plötzlich scheint alles möglich zu sein, die eigenen Aufgaben scheinen leichter zu bewältigen, wenn einen die Sonne weckt und nicht mehr der Wecker gefühlt mitten in der Nacht. Es ist, als ob die Sinne aus ihrem Winterschlaf erwachen und bereit sind und begierig für Neues. Man wird sensibler und aufmerksamer für die Außenwelt, auch weil es einfach mehr wahrzunehmen gibt: Die Tierwelt wird lauter, Blüten verströmen Gerüche, die durch die Wärme noch intensiver werden, die Pflanzen zeigen wieder ihre Farben. So ist es nicht verwunderlich, dass Sinneserwachen, Sinnlichkeit und Liebe mit dem Frühling assoziiert werden. Und wenn die direkte Umgebung eine so positive Ausstrahlung hat, treten die eigenen Sorgen oder Gefühle wie Weltschmerz in den Hintergrund.
Und dadurch entsteht eben viel, viel leichter und müheloser als im Herbst oder Winter die erwähnte Offenheit, die meiner Meinung nach eine Grundvoraussetzung für das Verlieben ist. Idealerweise trifft man dann auch auf andere Menschen, die Ähnliches durchleben und mit derselben Offenheit durchs Leben gehen oder die man mit dem eigenen Optimismus ansteckt und mit denen man dann vielleicht einen Teil des Lebensweges gemeinsam verbringen kann. Und wenn man diese Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit auch in andere Jahreszeiten hineintragen und bewahren kann, steht sowohl dem eigenen Glück wie dem Glück anderer eigentlich nichts mehr im Wege.