Ich habe aufgehört zu zählen, wie vielen Menschen ich auf den Reisen der letzten Jahre begegnet bin. Jedes mal wenn ich am Flughafen stehe, die Programme der Destinationen reinkommen, ein Event ansteht oder das Telefon klingelt, die erste Frage ist immer die gleiche: „Wer ist dabei? Mit wem verbringe ich die nächsten Tage und Wochen?“

Wie jeder Mensch genieße ich enge Freund- und Unmengen an Bekanntschaften. Das ist gewiss nichts Neues. Nur stellt euch bitte vor: Wer wie ich, ein drittel des Jahres im Flieger sitzt, die entlegensten Orte besucht, Momente erlebt, in denen er vor Glück explodieren möchte, dann ist es nicht weniger wichtig, zu wissen, wer diese Zeit mit dir teilt. Die Welt des Reisens ist die wohl intensivste Zeitspanne, die zwei Menschen miteinander verbringen können. Da 80 % meiner Trips beruflicher Natur sind, ist es keine Seltenheit, dass man den vermeidlichen Travel-Buddy, dass erste Mal am Flughafen trifft. Soll heißen, der Mensch, mit dem du die nächsten Tage auf engsten Raum verbringst, ist nicht selten ein völlig Fremder.

Bisher hatte ich großes Glück, ich mochte sie alle. Nicht alle gleich, doch wirklich negative Erfahrungen blieben bisher aus. Nichts desto trotz ist der Kreislauf meist der Gleiche: Man startet und erlebt gemeinsam, folgt sich im Netz, tauscht dann und wann Nummern aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass ernste Freundschaften entstehen ist dennoch gering – wie im Alltag braucht es Zeit.

Doch vor knapp drei Jahren wurde ich beschenkt: Bei einer Tour durch die Karibik, auf der Insel Curacao, lernte ich Christine von Lilies Diary kennen. Vorher kannte ich nur ihre Texte, ihren Blog und ihre Bücher.  Kurz, sie war einer von vielen beruflichen Kontakten. Zum Flughafen teilten wir uns ein Taxi, führten den üblichen Smalltalk, stellten schnell fest wie oft wir uns längst hätten begegnen müssen – das übliche Geplänkel. Es ist auch nicht so, dass wir uns an Ort und Stelle verknallt haben. Die Branche hat uns zu Profis gemacht, keiner fällt mehr ohnmächtig mit der Tür ins Haus, schüttet dem Unbekannten gleich sein Herz aus und labert mal fröhlich drauf los. Allerdings sei gesagt, es fiel mir auffallend leicht, diese Frau und das Mädchen was in ihr steckt, bereits nach ein paar Metern ein wenig lieb zu haben.

Die Reise an sich soll jetzt auch nicht das Thema sein, das war alles ganz wunderbar. Doch bin ich mir ziemlich sicher, dass bei mir der Groschen fiel, als Christine und ich beim gemeinsamen Schnorchel-Ausflug, das perfekte Tauchbild schießen wollten. Es fällt mir schwer hier die rechten Worte zu finden – bis heute zählen diese Stunden zu den wohl witzigsten, die ich jemals erlebt habe. Ich werde das Bild wohl nie vergessen, wie sweet Christine, in kompletter Montur, nebst Schnorchel-Ausrüstung, GoPro, einer neon-farbenen Schwimmnudel und den Worten „I’m ready!“ vor mir stand. Bereit das Motiv unseres Lebens zu schießen, sprangen also zwei Dumpfbacken ins karibische Meer, die zwar gerne von sich behaupten, sie können alles, aber von „ …Tuten uns Blasen“ mal wieder keine Ahnung haben.

Das perfekte Foto blieb natürlich aus, doch selten hab ich so viel gelacht wie in den diesen Stunden – ein Tag, den ich niemals missen will. Fortan waren wir ein Team, teilten mehr als nur berufliche Erfahrungen und rutschten täglich enger zusammen. Den finalen Schlag lieferte letztendlich ein unsäglicher Rückflug bei dem ich das Gefühl hatte, wir würden auf dem Kopf den Atlantik überqueren. Schon krass, wenn das Leben an einem vorbei zieht, obendrein die Flugangst droht, fallen gar die letzten Hüllen zwischen zwei Menschen. Tatsache ist: Angst verbindet, eine menschliche Ressource, die eigentlich keiner wahrnehmen will.

Zurück in Deutschland standen wir nun vor der Wahl, wollen wir an dieser Beziehung festhalten oder nicht? Wir taten es, zwar weniger in Berlin, doch wir taten es auf Reisen: Im Januar 2014 flogen wir nach Chile, durchquerten die Wüste, überlebten zwei Unfälle in den Anden, die Genickstarre im Flieger und wischten uns gegenseitige Freudentränen von den Backen als sich vor uns Patagonien auftat. In nicht mal mehr 10 Tagen wartet das nächste Abenteuer auf uns: Australien. Für 4 Wochen ziehen Neder und Röhlig mal wieder los, um den Menschen da draußen zu zeigen, wie bunt diese Welt doch ist.

Drum will ich jetzt verraten, warum ich diese Zeilen überhaupt schreibe. Christine wird heute 30 Jahre alt, soll heißen, seit 30 Jahren treibt dieses quirlige Mäuschen auf Erden ihr Unwesen und bereichert nicht nur das Leben ihrer Leser sondern auch das ihrer Mitmenschen mit einer täglichen Portion Glück. Seit 3 Jahren ist sie nun auch Teil meines Lebens; doch egal wie sehr ich diese Zeilen hin und her schriebe, es wird mir nicht gelingen, zu beschreiben, wie wichtig mir diese Freundschaft ist. Unglaublich, die Menschen fragen doch ernsthaft immer wieder, was ich mit i-ref schon verdient habe.

Alles Liebe der Welt mein Herz.

Dein Norman