Das allererste Mal ein fremdes Land zu bereisen gehört sicherlich zu einer der aufregendsten Erfahrungen eines jeden Reisenden. Martin hat es erst kürzlich am eigenen Leibe erfahren, als er sich erstmalig im Dickicht des malaysischen Dschungels wiederfand – und kurzzeitig gar nicht mehr die subtropische Natur verlassen wollte. Doch wie verhält es sich eigentlich mit dem zweiten, ja sogar dritten Mal in ein und dem selben Land? Besteht bei der Ankunft die gleiche Magie des Ungewohnten und bei der Rückreise das gleiche melancholische Fernweh wie auf seinem Erstbesuch?
Auf meiner Reise nach Myanmar saß ich eines Abends mit einer Gruppe Backpackern zusammen und wir unterhielten uns über unsere zukünftigen Reiseziele. Als ich, euphorisiert von meinem Besuch in diesem Land schließlich meinte, dass mich ein weiteres Mal Myanmar absolut reizen würde, wurde ich von den anderen leicht belächelt – Es gäbe ja so viele Länder, die man bereisen könne; und Myanmar wäre in ihrer Travelliste einfach schon „abgehakt“. Wer tatsächlich akribisch eine Länderliste wie eine Vokabelauflistung abklappert, hat allerdings etwas am Reisen nicht verstanden. Klar, die Zeit rennt und sie rennt wie wild, doch das heißt nicht, dass man mit 180 von einer zur nächsten Sehenswürdigkeit eines Landes durchpreschen kann – um dann zu behaupten, man habe das Land kennengelernt. Neben berühmten Bauwerken oder typischen Besucherorten können nämlich zig andere Faktoren einen Aufenthalt einzigartig und intensiv machen – egal, zum wievielten Mal man sich im Lande befindet. Zum Beispiel die Lebenseinstellung und-situation des Reisenden, die vielleicht bei seinem vorherigen Aufenthalt komplett anders war, sodass der Fokus auf der zweiten Reise ein ganz anderer ist. Oder die Gesellschaft, mit der sich der Reisende dieses Mal umgibt – unterschiedliche Individuen werden zusammengewürfelt und schließlich auf einer gemeinsamen Reise vereint. Und nicht zu vergessen ein anderer regionaler Schwerpunkt, der eine komplett neue Seite des Landes erahnen lässt.
Bei meiner diesjährigen Reise nach China treffen alle drei Faktoren aufeinander. Das erste Mal in China war ich für einen Schüleraustausch, das zweite Mal mit i-ref in Shanghai, Hangzhou und Suzhou. Dieses Mal führt mich meine Reise in das andere Ende des Landes: Vom pulsierenden Metropolengürtel an der Ostküste hinein in die Region Sichuan, die auch als die „natürliche Schatzkammer“ Chinas bekannt ist. Hohe Gebirgsketten vereinen sich mit einem satten Farbenmeer der sattgrünen Wälder und glasklaren Flüssen, in denen eine reiche Vielfalt von Tier-und Pflanzenarten friedlich beisammen sind. Die ersten Bilder die ich von Sichuan gesehen habe, ließen mich an unberührte Naturszenarien wie man sie sonst aus entlegenen Regionen Kanadas kennt träumen lassen. Weit weg von der dynamischen Schnelllebigkeit Shanghais oder Pekings, mehr ein Manifest an die unglaublichen Wunder dieser Erde, die es von uns zu beschützen und pflegen gilt.
Vor allem für eine Tierart ist Sichuan besonders berühmt: Das größte Vorkommen an Riesenpandabären weltweit befindet sich auf 15 Naturreservate verteilt in der südwestchinesischen Provinz. Es ist auch eine Region in dem unterschiedliche Religionen aufeinandertreffen – Der Buddhismus, der Daoismus und eben die mystischen Religionen der Naturvölker entlegener Ortschaften. Somit wird mich eine ehrfürchtige Atmosphäre umgeben, den größten Steinbuddha der Welt aus nächster Nähe zu beobachten. Oder wenn ich den Emei Shan erklimmen werde, der eine wichtige Pilgerstätte für Buddhisten und Daoisten ist – und dessen Spitze weit über den Wolken ragt. Wenn es also den berühmten „Jerusalem-Effekt“ gibt, wird mich dann der „Sichuan-Effekt“ bei solch traumhaften Anblick treffen?
Mein persönliches Highlight wird der Moment sein, in dem wir das tibetisch geprägte Danba-Tal betreten werden und auf ethnische Bevölkerungen treffen werden, die einen völlig anderen Lebensstil gewohnt sind als die restliche chinesische Bevölkerung oder wir. Ich will, so gut es geht, mit den Menschen vor Ort kommunizieren und ein bisschen in ihre Mythen und Kulturen eintauchen, um die verschiedenen Blickwinkel auf unser Leben, auf unsere Existenz nachvollziehen zu können. Und auch, um von ihnen zu lernen – ihr Verhältnis zur Natur, zu Gruppendynamiken und Lebenseinstellungen sind Themen, von denen sich viele der ach-ja-so-fortgeschrittenen, digitalisierten Ära eine gehörige Scheibe abschneiden könnten. Und hier sitze ich nun am Flughafen und warte darauf, dass das dritte Kapitel meiner China-Reisen geschrieben werden kann. Es wird definitiv eine Reise sein, die den anderen Besuchen keinesfalls gleichen wird – und mir ganz auf ihre Art das Gefühl geben wird, China wirklich zum aller ersten Mal gesehen zu haben – bis die nächste Reise ins Land der Mitte ansteht! Überzeugt euch selbst von der Vielfalt Chinas auf unseren Kanälen Instagram, Facebook und Twitter und unter dem Hashtag #irefDiscover.