Ich sag’s lieber gleich – denn es muss raus: Ich bin verliebt, verliebt in Tel Aviv. Von Anfang an, mit Herzflattern, latenter Aufregung – und allem was dazu gehört. Wie im Märchen, war es Liebe „ … auf den ersten Blick.“ Erst gestern beichtete ich Tandiss: „Das ist mir zu viel. Ich bin zu überwältigt. Doch kann ich es nicht beschreiben!“
Doch warum? Tel Aviv ist in erster Linie eine kleine Großstadt im Wüstenstaat Israel. Am Meer. Mit heissen Typen und sexy Frauen. Das ist nun weiß Gott nicht der Stein der Weisen. Dazu noch Recht jung: 1909 wurde die Stadt gegründet und war ursprünglich ein Vorort der bereits, seit der Antike bestehenden Hafenstadt Jaffa. 1950 wurden beide Städte zum heutigen Tel Aviv-Jaffa vereinigt.
Nun kann man an einem Tag natürlich nicht viel sagen, klar. Zudem ist die latente Hitze nicht gerade förderlich, für allumfassende Erkundungstouren. Doch gebe ich es jetzt mal zu – mit dickem Ausrufezeichen: Vor 15 Jahren hatte ich das gleiche Gefühl schon einmal. Damals landete ich als kleiner verirrter 18-jähriger Sachse das erste Mal in Berlin. Heute, nach zwei Nächten, in diesem heißen, schwülen und kunterbunten Schmelztiegel, kann ich verstehen – warum Berlin und TLV so connected sind.
Drum sag ich mal ganz platt: „Bauhaus. Beach. Kunst. 40°. Heiße Typen, göttliche Frauen!“ Reicht das? Wohl wahr, dass wäre mehr als flach. Dabei platzt die Wahrheit aus allen Ecken! Es liegt in der Luft Freunde. Egal, wo du sitzt, wohin du gehst, vor welcher Wand du stehst: Du spürst den Aufschrei, den Wunsch nach Veränderung, du spürst die Hoffnung und den Stolz der Menschen und dass Streben in eine neue Welt. Zwischen blanker Oberflächlichkeit, knallharter Geschichte und Tradition, steht am Gipfel die neue Generation junger, noch nicht wirklich freier Menschen, die sich erfolgreich mit dem Rest der Welt vernetzt.
Die städtischen Codes bleiben dennoch gleich: Wie in Berlin finden sich hier Orte, an denen sich die Bahnen des Lebens mit der Kunst des Lebens kreuzen. Ob wir nun tagelang am wunderschönen Jaffa Beach sitzen, endlos Cocktails schlürfen und den Body Kult der Einheimischen stalken, ob wir Touri-gleich sofort im Bauhaus, im Tel Aviv Museum of Art einchecken und den Abend im Mann Auditorium, dem Kulturpalast verbringen – es ist egal, völlig egal. Die Stadt ist voller Bühnen, nur du entscheidest, wie du sie sehen willst.
Schalte gerne noch einen Gang hocht: Spaziere in der Abenddämmerung durchs alte Jaffa, rauche Shisha und sprich mit den Einheimischen. Schau dir die Häuser jetzt ganz genau an und fang mal an dich vorsichtig zu fragen, wie es damals wohl war, als die Häuser der Palästinenser noch bewohnt waren.
Und falls du jetzt noch Luft zum Atmen hast, die Konzentration noch immer steht – dann lehn dich zurück, und denke mal ernsthaft nach, was für ein Privileg es ist, dass ich als Deutscher, diese Straße überhaupt passieren darf.
Wie gesagt, Tel Aviv hat viele Wege!