ALTERNATIVES CHINA TRIFFT AUF UNBERÜHRTE NATUR

Ausschweifende Technoparties, unvergessliche Roadtrips wie bei Jack Kerouac und menschenleere Dorfruinen in filmreifer Talkulisse – hätte mir jemand vor einem Monat so das asiatische Boom-Land China beschrieben hätte ich ihn wahrscheinlich schief angeguckt. Auch wenn die Dimensionen des Reichs der Mitte unvorstellbar riesig sind – gewisse Klischees und Vorstellungen verklären unsere Sicht auf die Vielfalt des Landes. Von der Schnelllebigkeit der Mega-Metropolen wie Shanghai und Peking merkt man im Landesinneren beispielsweise nicht viel, und selbst die Provinzhauptstadt und Acht-Millionen-Metrople ist als eine der nachhaltigsten Städte Chinas bekannt. Nach meiner letzten China Reise im letzten Jahr habe ich wieder ganz neue und unterschiedliche Eindrücke des Landes gesammelt, die sich nicht mehr von den vorherigen unterscheiden können und doch zusammen ein Land repräsentieren, welches immer eine Reise wert ist. So wie im ersten Teil findet ihr hier interessante Tipps rund um Sehenswürdigkeiten, Eindrücken und Kuriositäten, die euch hoffentlich diese zauberhafte Region näher bringen werden!

M - MUSEUMSTIPP

Was haben die Maya, ägyptische Pyramiden und Babylon gemeinsam? Sie alle liegen auf dem 30. Grad nördlicher Breite, der wie eine unsichtbare Linie auf unserer Erde liegt und die Überbleibsel von mächtigen prähistorischen Kulturen beheimatet. Auch die Ausgrabungstätten der Sanxingdui-Zivilisationen liegen auf dieser mysteriösen Linie. Zufall oder überirdische Magie? Bildet euch selbst eure Meinung im Sanxingdui Museum, welches 40 km nördlich von Chengdu liegt. Hier könnt ihr Ausgrabungsartefakte wie Bronzemasken und Skulpturen der chinesischen Hochkultur bewundern die im erstaunlich gut erhaltenen Zustand sind. Spannend sind vor allem die Vergleiche mit anderen weltlichen Hochkulturen.

N - NIGHTLIFE

Kuscheln mit Murmeltieren und Mini-Schlangen, BDSM-Spielchen im Nebenraum und Skatecontest auf dem Hip Hop Floor – Chengdus Partyszene lässt selbst etablierte Berliner Clubs alt aussehen. Durch die vergleichsweise günstigen Mieten, angenehmen Klima und junger Bevölkerung zieht es viele chinesische und internationale Kreatvie in Chinas Westmetropole. Man feiert zu internationalen Techolables bis in die späten Morgenstunden und shaked zu chinesischem Hip Hop a la „Higher Brothers“, eine chinesische Hip Hop Band aus Chengdu, die schon länger als „Asian Migos“ auch weit über ihrer Landesgrenze gefeiert werden. Während du als Europäer auf den Straßen immer noch neugierig begutachtet und fotografiert wirst, bist du als westlich aussehende Person in der florierenden Clubszene ungefähr genauso spannend wie ein ungebratenes Stück Tofu. Tätowierte Frauen, Teens mit Braids und Männer mit Stussy Shirts (nicht gefälscht!) kreuzen deinen Weg und würdigen dich keines Blickes

O - OFF THE BEATEN PATH

Die Provinz Sichuan gilt an für sich schon als Top-Destination für Naturliebhaber und Abenteurer a la Indiana Jones. Durch die hohe Bevölkerungsdichte wird man bei den Highlights wie Emei Shan und dem Wenshu Kloster selten der einzige Besucher sein, deswegen gilt auch wie in anderen Ländern: Früh da zu sein lohnt sich! Für den Besuch des magischen Berges sind wir um ca. 4:30 in der Dunkelheit aufgestanden um möglichst früh die Schönheit des Berges im Sonnenaufgangslicht zu bewundern. Auch bei unserem Spaziergang durch das Bewässerungssystem Dujiangyan hatten wir durch frühes Erscheinen Glück mit der Toursitensituation, nur wenige Meter nach uns wurde eine riesige Karawane von Touristen durch die schöne Anlage geschleppt. Wo sich z.B. gar kein Besucheransturm befand war in dem tibetischen Dorf Suopo, da dieses wesentlich kleiner ist als das bekanntere Dorf Jiaju und aufgrund dessen (noch) keinen Eintritt für Besucher verlangt. Trotzdem steht das Dorf an spannender Architektur in Nichts nach! Und wer etwas länger Zeit in Sichuan verbringen will kann eine von vielen aufregenden Trekking Touren unternehmen, die vielleicht mehrere Tage in Anspruch nehmen, aber einen faszinierenden Blick auf die unberührte Natur der Provinz zeigen.

P - PEOPLE'S PARK HANGOUT

Ein beliebter Treffpunkt unter Chengdus Einwohnern ist der „People’s Park“ westlich des Zentrums. Es ist der erste öffentlich zugängliche Park der Stadt gewesen und besteht aus verschieden angelegten Gärten, vielen Essensmöglichkeiten, einem kleinen Vergnügungspark für Kinder und dem traditionellen Heming Teehaus, in dem ziemlich guter Tee serviert wird! Gleich am ersten Tag meiner Ankunft hab ich den aromatischen grünen Tee verkostet, der ein wenig über das Jet Lag hinweggeholfen hat. Kurios: Zwischen den Gärten werben Mütter und Väter für ihren männlichen Nachwuchs mithilfe von schriftlichen Annoncen, die sie auf Zäune kleben. Da durch die frühere Ein-Kind-Politik Frauen eher Mangelware in China sind, werden alle Schritte in die Wege geleitet um für seinen Sohn die passende (oder überhaupt eine) Frau zu finden. Manko: Die Annoncen sind leider nie bebildert, wahrscheinlich um Tinder-Wahnsinn zu vermeiden.

Q - QINGCHENG

Neben dem Emei Shan lohnt sich eine Wandertour auf einen weiteren, heiligen Berg in Sichuan: Der Qingcheng Shan ist mit 1.260 Metern deutlich kleiner als sein buddhistischer Bruder, doch gilt er als heiliger Pilgerort für eine andere, chinesischen Religion: Dem Daoismus. Der Daoismus hat seine Ursprünge im 4. Jhrd. vor Chr. und zeichnet sich durch seine naturverbundenen und mystischen Bräuche aus. Am Qingcheng Shan wurde die erste religiöse Gruppe des Daoismus durch den Meister Zhang Daoling gegründet und viele prächtige Tempel (oder auch gerne im chinesischen „Paläste“ genannt) entstanden rund um den Berg herum. Das Erdbeben 2008 zerstörte viele der Bauwerke, mittlerweile sind diese restauriert. Auch für diesen Berg sollte man sich eine Zeit von mindestens drei Stunden einplanen, um einen Blick in die faszinierenden Tempelanlagen in Ruhe werfen zu können.

R - ROADTRIP-FEELING

Gleich zwei spannende Routen durchkreuzen die Provinz Sichuan: Die “ China National Highway 318″, und die „Südliche Seidenstraße“, die ihren Startpunkt in Sichuan hat. Dabei kann man die „318“ als chinesisches Pendent zur amerikanischen „Route 66“ sehen, da die 318 wie ebendiese sich quer über das Land erstreckt: Mit knapp 5.500 Kilometern erstreckt sie sich vom Metropolen-Speckgürtel Shanghais bis hin zur wilden Natur rund um die chinesisch-nepalesische Grenze. Auf der Strecke werden u.a. Sichuan und Tibet durchfahren. Die „Southern Silk Road“ hat wiederum ihren Startpunkt in Chengdu und führt über die südostasiatischen Länder Myanmar, Laos und Thailand bis hin nach Indien. Auf der auch bekannt als „Tea Horse Road“ genannten Straße war schnell der beliebteste Tausch von lokalen Teesorten und starken Pferden. Außerdem spielte die Straße in Bezug auf die Lehren und Verbreitung des Buddhismus eine große Rolle, sodass man auf dem Weg viele Tempelanlagen und heilige Stätte finden kann.

S - SHOPPING

Wie in vielen Ländern lohnt es sich auch für China, mit halb gepacktem Koffer hinzureisen um genug Platz für Souvenirs und Mitbringsel für Bekannte und einen selbst zu haben. Gerade Sichuan ist für sein scharfes Essen bekannt, insofern darf Sichuan-Pfeffer und/oder Chillisaucen als Präsent nicht fehlen. Für Tierfreunde finden sich in jeder noch so kleinen Stadt witzige und süße Panda-Souvenirs. In den tibetisch geprägten Regionen können traditionelle Gebetfahnen, edler Schmuck und volkstümliche Kleidung erworben werden, allerdings oft zu hohen Preisen. Und für die Schnäppchenjäger eignen sich super die kleinen Gassen rund um die Shoppingmeile Chun Xi Road.

T - TANZEN

Gefühlt gehört Tanzen zum Nationalsport der Chinesen genauso wie Ping Pong. Zu jeder Tageszeit sieht man Grüppchen von hyper-motivierten Frauen und Männern die sich zu gemeinsamen Tai-Chi und Tanzstunden versammeln. Ob zu traditioneller chinesischer Opernmusik oder zu freakigen Dubsteptunes tanzen die Herrschaften mal miteinander im flotten Walzer oder jeder für sich. Dabei interessiert es keinen der Teilnehmer ob sie belustigt von Touristen wie uns beäugt werden – die Gruppendynamik ist eine der krassesten die ich bei ähnlichen öffentlichen Sportevents gesehen habe.

U - UNBEDINGT PROBIEREN...

…sollte man das tibetische Essen in der Hochregion rund um das Danba Tal! Durch humides Klima werden viele lokale Gemüsesorten angebaut, wie verschiedene Pilzvariationen, Kartoffeln, Blumenkohl und Kai-Lan, das „chinesische Brokkoli“, welches an den Geschmack von uns bekanntem Grünkohl erinnert. Im Gegensatz zu normalen Brokkoli werden auch Stiel und Rest des Gemüses mitgegessen. Kai-Lan ist in fast jedem Restaurant als Beilage zu haben und erfreut so manchen Veganer und Vegetarier, der bei der doch Fleisch- und fischlastigen Küche in Sichuan ins Verzweifeln kommen könnte. Zumindest mal probieren solltet ihr auch den tibetischen Milchtee: Dieser wird zusammen mit Yakbutter und Salz zubereitet und schmeckt ohne Zuckerzusatz eher gewöhnungsbedürftig, aber definitiv einer Erfahrung wert!

V - VERHALTENSKNIGGE

Egal ob am Flughafen, am Aussichtspunkt, beim Essen oder durch das Autofenster – das Hochziehen der Nase und das anschließende auf-den-Bogen-spucken gehört für viele (männliche) Chinesen zum Alltag dazu. Böse oder abwertende Blicke von westlichen Touristen werden dabei unbeeindruckt registriert. Denn auch hier gilt: Fremde Länder, fremde Sitten – was in unserem europäischen Kulturkreis vielleicht als ekelhaft oder ungeniert angesehen wird, ist in China Gang und Gebe. Und andersrum auch: Nase putzen am Tisch gilt als absolutes No-Go, genauso restlos sein Essen vertilgen, da man dann der Meinung ist, man hätte immer noch Hunger. Auch die Über-Höflichkeit von Chinesen kann manchmal bei uns für Verwirrung sorgen: Ein einfaches „Nein“ wird selten aus dem Mund von gut erzogenen Chinesen kommen, eher wird die negative Ausgangslage mit Abweichungen beschönigt. Beispiel: „Gibt es hier eine Toilette?“ – „Vielleicht eher nein.“ Aka „Hier gibt es ganz bestimmt keine Toilette, erst in der nächsten Stadt.“

W - WENSHU KLOSTER

Der hektische Stadttrubel Chengdus schien für mich kurzzeitig vergessen, als ich die Gemäuer des Wenshu-Klosters betrat. Stolz schmückt er sich mit dem Titel, das besterhaltene Kloster in Chengdu zu sein und tatsächlich strahlt der Ort eine friedvolle und beruhigende Atmosphäre aus, die buddhistische Mönche aus früheren Zeiten für spirituelle Erfahrungen genutzt haben. Auch heute sieht man viele Chinesen durch die dekorierten Hallen und gepflegten Gärten spazieren und beten. Neben der Tempelanlage befindet sich auch ein Teehaus, in dem man ebenfalls toll zur Ruhe kommen kann.

X - XIONG MAO / PANDA

Xiong Mao ist die Bezeichnung der wohl süßesten Tiere Sichuans, den Pandabären! Der Name setzt sich zusammen aus den Wörtern „Katze“ und „Bär“. Nicht erst seit Desiigners Megahit „Panda“ sind die schwarzweißen Bären weltweit bekannt und geliebt. Tatsächlich brachte 1889 eine amerikanische Designerin ein Exemplar in ihre Heimat mit und die Bären wurden schlagartig berühmt. Schließlich findet man Riesenpandabären ausschließlich in Sichuan. Aber auch in China selbst waren die Pandabären lange Zeit aufgrund ihrer Seltenheit unentdeckt, sodass auch die chinesische Bevölkerung über die Existenz von Pandabären überrascht war. Dabei lassen sich die Tierchen schon seit acht Millionen Jahren auf der Erde blicken, während unsere Spezies es gerade mal 3-4 Millionen Jahre schafft. Momentan leben ca. 1.600 Riesenpandas in China, davon ca. 30 auf der Pandabärenauffangstation „China Panda Garden“ in Wolong. Hier werden Babypandas von Geburt an gepflegt und mit Nahrungsmitteln versorgt, die sie aufgrund klimatischer und evolutionärer Gründe nicht mehr in der freien Natur aufnehmen können. Wenn die Pandas fünf bis sechs Jahre alt sind und nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen sind, werden sie in das nahegeliehene Naturreservat entlassen. Ein Face-To-Face Treffen und Gruppenkuscheln mit Pandas gibt es deswegen leider nicht, aber es bringt unglaublichen Spaß, die Bärchen bei ihrem Alltag zu beobachten! Beim Fressen sehen die Tiere z.B. so glücklich aus wie ich nach einer durchzechten Nacht beim Döner.

Y - YUAN

Der Renminbi-Yuan ist die offizielle Währung in der Volksrepublik China. Dabei wird „Renminbi“ meistens als Währungsbegriff an sich benutzt und bedeutet so viel wie „Volkswährung“. Yuan verwendet man bei tatsächlichen Preis- und Wertangaben, also nicht verwirren lassen! Dabei gibt es Banknoten im Wert von 1, 2, 5, 10, 20, 50 und 100, große Münzen im Wert von 1 Yuan sowie kleinere Münzen, die in etwa unseren Cent-Münzen entsprechen. Der Kurs ist ca. 1:7,5340 (Stand: Juni 2018). Sowohl EC- als auch Kreditkarten werden von den Bankautomaten akzeptiert, die tatsächlich weniger Komplikationen bei Auszahlungen mit EC Karte bereiten als mit Kreditkarte. In vielen Shops kann allerdings nur mit Kreditkarte bezahlt werden, es loht sich also beide Karte mitzunehmen.

Z - ZU GUTER LETZT...

…geht’s um die Toilettensituation: Wie viele Länder auch findet man in China größtenteils plumskloartige Toiletten vor, egal ob im fünf Sterne Hotel (wobei da auch ein paar Toiletten mit bekannter Kloschüssel zu finden sind) oder auf der Autobahnraststätte. Ist vielleicht eine Gewöhnungssache, aber tatsächlich sind die unbequemen Erleichterungsorte hygienischer als unsere Klobrillen, auf denen Keime en masse lauern. Auch gut zu wissen: Das Wasser aus Wasserhähnen und Leitungen ist leider kein Trinkwasser! Dafür bekommt man in Hotels und Restaurants und auch bei Nachfrage kostenlos Wasser zum trinken.

KOOPERATION

Die Reise nach Sichuan fand in Kooperation mit dem Fremdenverkehrsamt China statt. Folgt unserem Partner auch auf Facebook und Instagram. Sämtliche redaktionell entstandenen Beiträge bleiben von der Kooperation unberührt.

Wir freuen uns über das tolle Programm und sagen Danke für die Organisation der Reise!

Photo Credits Titelbild: Franziska Schmitt

Credits zweites Bild v. o.: Anna Heupel