„I came all the way to this fucking country for you to stand there and watch?“
Es gibt definitiv diplomatischere Wege, das Eis zwischen sich und seinem Publikum zu brechen, als die Ansage von Tyler, the Creator nach gefühlten zehn Sekunden seines Auftritts im prall gefüllten Blue Tent. Aber sie hat zumindest geholfen, die anfangs etwas verschüchterten Finnen aus der Reserve zu locken und jene schweißtriefende, nach vorne peitschende Extase unter das Zeltdach zu bringen, an die vielleicht nur noch die Show von Major Lazer heranreichte.
Das größte Grinsen hatten ohne jeden Zweifel die Leute auf dem Gesicht, die gerade Nile Rodgers und Chic gesehen hatten, denn die verwandelten die Bühne über die Zeit in ein vor Freude überschäumendes Tolhaus, in dem sie vor allem sich, die Musik und das Leben feierten. Da fügt es sich natürlich geradezu perfekt ins Bild ein, dass Nile Rodgers seine überstandene Krebserkrankung zum Abschluss des Auftritts mit dem Publikum auf der Bühne besang.
Ein musikalisches und vor allem menschliches Ausrufezeichen setzte Flying Lotus, der nach einem wahnsinnig intensiven HipHop-Set, das für mich die größte Überraschung des Festivals darstellte, von der Bühne stieg, um jedem Einzelnen (!) in der ersten Reihe die Hand zu schütteln und für ihren Support zu danken.
Eine letzte explizit-lobende Erwähnung soll Nina Kravitz finden, die im Licht der untergehenden Sonne ein Set abbrannte, das mit allen Wasser gewaschen war und die Hochstimmung, in der wir uns sowieso schon den ganzen Tag über befunden hatte, nochmal zu ungeahnten Gipfeln führte.
Ob es auch Enttäuschungen gab? Na ja, die Pet Shop Boys spielten in Helsinki das letzte Konzert einer zweijährigen Tournee. Vielleicht sollten sie sich, bei allem Respekt vor dieser Bühnenshow, ein paar Monate Pause gönnen, bevor sie sich zum zweiten (oder dritten?) Frühling aufmachen.