Gehen zwei Veganer mit ihrer Mutter in ein Restaurant… was anfängt, wie ein schlechter Veganer-Witz, ist tatsächlich der Beginn eines ganz besonderen Restaurantbesuchs, den ich jedem Omnivoren, Vegetarier und Veganer ans Herz legen möchte.

„Welcome to Rawtastic!“, begrüßt uns (dieses Mal speise ich in Begleitung meiner Schwester und Neu-Berlinerin Ina und ihrer tapferen Umzugshelferin aka. unserer Mama) Simon Francis, der sympathische Engländer und Inhaber des ersten 100% Raw-Food-Restaurants in Berlin.  Raw Food, neudeutsch für Rohkost, bedeutet so viel, dass alle Speisen nicht nur vegan – also ohne tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier – sind, sondern auch nicht über 42° C erhitzt werden. Was erstmal sehr restriktiv klingt, ist es bei weitem nicht, wie uns Simon im Laufe des Abends mit Worten und und insbesondere durch die Speisen, die auf unserem Tisch landen, näher bringt.

Schon alleine die Getränkekarte lässt keine Wünsche offen: von rosa Kokoswasser, selbsterzeugten Cold Pressed Juices und Kombucha über diverse Smoothies bis hin zu veganem Wein. Ich entscheide mich für den Choco Nut Smoothie aus Kakao, Paranüssen, Kakobohnen, Avokado, Banane, Kokoszucker, Kokosnuss Öl und Mandelmilch. Wenn ich ausschließlich diesen göttlichen Nektar bis an mein Lebensende trinken dürfte, wäre ich glücklich. Aber wir sind schließlich zum Abendessen hier und die Karte sieht äußerst vielversprechend aus.

Simon lebt bereits seit vielen Jahren vegan, allerdings ernährte er sich anfangs von sehr vielen Ersatzprodukten – so half er zwar Umwelt und Tieren, doch aß nicht besonders gesund. Nach und nach setzte er sich mit dem Raw Food Konzept auseinander und wurde 2008 Roh-Veganer, noch lange bevor der Trend befeuert durch das Internet und Social Media weiter ausbreitete. Sein gesamtes Wissen erlangte er durch Bücher und dem Austausch mit gleichgesinnten Freunden und Bekannten, zu der Zeit lebte er noch im schwedischen Malmö. Anfang 2015 fasste Simon den festen Plan sein eigenes Restaurant zu eröffnen – und welch besseren Ort dafür kann es geben als Berlin, die Veganer-Hauptstadt Europas. Seit einem halben Jahr bringt er nun die verschiedenen rohen Köstlichkeiten, auch in Kochkursen und workshops, allen Interessierten näher. Bei der Entwicklung der Karte hat Simon besonderen Wert darauf gelegt auch an alle Raw Food Skeptiker zu denken – so stehen Lasagne, Burger und Pizza auf der Karte, bloß in nicht ganz gewöhnlicher Form.

Als Vorspeise haben wir die Power Rollen ausgewählt – angelehnt an klassische vietnamesische Sommerrollen, wird fein geschnittenes Gemüse in Reispapier gewickelt und mit einer cremigen Mandelsoße und Kimchi serviert. Yumm!

Hohe Konzentration beim Dippen ist gefragt!

Mama’s Choice: Die Tex Mex Bowl mit würzigem Walnuss-„Hack“, Pastinaken-„Reis“, Guacamole und einer spicy Chipotle-„Mayo“

Ina’s Choice: raw Lasagne mit marinierten Zucchinis, Walnuss-Tomaten-„Bolognese“, Pesto und Avocado.

Auf Simons Anraten habe ich mich für die „Pizzatastic“ entschieden und das war die beste Entscheidung meines Lebens (ja ok, das ist vielleicht etwas übertrieben). Die Pizzakruste wird aus allerlei geheimen Zutaten angerührt und anschließend 17 Stunden in einem Dehydrator knusprig „gebacken“. Darauf verteilt sind eine würzige Tomatensoße, Ruccola, Sprossen, dehydrierte Pilze und Tomaten, Avocado, Karotten und der geilste, cremigste Cashew-„Frischkäse“.

Wer mir nach dieser Pizza noch erzählen möchte, Veganer würden nur grüne Blätter essen, von denen man nicht satt wird, kann sich gehackt legen.

Wenn euch all das nicht schon zu einem Besuch hinreißen kann, dann lasst euch eins gesagt sein: DO IT FOR THE CAKE! Ich habe noch nie so einen rich and decadent Kuchen gegessen – auch nicht wenn er kiloweise Sahne, Butter und Eier enthielt. Wir durften den Schoko-Haselnuss und Schoko-Himbeer-Kuchen sowie einen Matcha-Kokos-Ball probieren und waren uns sofort einig, dass diese Desserts das absolute Highlight des Abends sind. Mal wieder spielen einige Geheimzutaten zusammen, die Simon uns nicht verraten wollte; die wichtigste Zutat, die ich ihm dennoch entlocken konnte, sind über vier Tage fermentierte Cashews, die als Grundlage für die Creme dienen. Bei so viel Arbeit und qualitativen Rohstoffen ist es gerechtfertigt, dass ein Stück Torte mit knapp 6€ zu Buche schlägt – besonders bei diesem wahnsinnigen Geschmack. Don’t miss out!

SHORTCUT

Das Restaurant in 5 Wörtern: clean, raw, vegan, anders, besonders

Mein Highlight: roher Schoko-Himbeer-Kuchen

Wie viel Hunger sollte ich mitbringen: Hier findet man etwas für jede Tageszeit und jeden Hunger.

Mit wem würdest du hier herkommen: Jedem Menschen, dem ich etwas Besonderes zeigen möchte und/oder für vegane Küche begeistern will.

RAWTASTIC

Danziger Straße 16
10435 Berlin

Speisekarte