Stille Prozessionen, mondäne Kulturangebote und natürliche Wunder
Das Osterwochenende in einer mexikanischen Stadt zu verbringen, ist eine Herausforderung. Ab Gründonnerstag strömen die mexikanischen Familien mit Sack und Pack für einen mindestens ein-, besser zweiwöchigen Osterurlaub in die großen Städte oder heißen Küstenorte. Eine Unterkunft zu finden, wird da leicht zum Marathonlauf.
Oaxaca, die wunderschön koloniale Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates, ist dank seiner geschichtlich weit zurückreichenden Festtagsbräuche und ergiebigen Kulturangebots ein Magnet für Touristen und Einheimische gleichermaßen. Am Palmsonntag beispielsweise versammeln sich unzählige Gläubige in den genauso vielzähligen Kirchen, um mit Palmblättern wedelnd die traditionelle Messe zu begehen. Ebenfalls ein sich alljährlich wiederholender Brauch kurz vor Ostern, ist die „Callejoneada“ der ansässigen Universität, bei denen eine Gruppe von Studenten musizierend und tanzend durch die nächtlichen Straßen zieht.
Den nachhaltigendsten Eindruck auf uns Europäer aber hat die am Karfreitag stattfindende Processión de Silencio hinterlassen. Hier versammeln sich Gläubige aller innerstädtischen Diözesen und Gemeinden, um mit Heiligenaltären, Wimpeln und Kreuzen schweigend durch die bunt geschmückten Gassen zu ziehen. Zu unterscheiden sind sie nur durch die verschiedenen Farben der furchteinflößenden, wallenden Büssergewäder. Der Glaube geht so weit, dass einige junge Männer ein etwa 3 Meter hohes Holzkreuz schultern und den ganzen Weg hinter sich her schleifen.
Das kulturell überschäumende Oaxaca orientiert sich in vielen Dingen an in europäischen Städten schon lange bestehenden Strukturen ohne dabei seine eigene, reichhaltige Geschichte zu vergessen. Es werden Free Walking Tours angeboten, 2 mal in der Woche findet eine nächtliche Radtour durch das Zentrum statt, es gibt Filmabende in privater Atmosphäre und mondäne Tanzbars. Schokoladenliebhaber finden hier das Paradies vor, an jeder Ecke duftet es süß.
Die etwa 300 000 Einwohner zählende Stadt liegt inmitten einer atemberaubenden, von Bergen durchzogenen Landschaft, in der die indigenen Nachfahren der Zapoteken leben, jenem Volk, das vor der Konquistation über das Land verfügte. Der Bundesstaat Oaxaca blickt stolz auf höchsten Anteil prähispanischer Kulturen, die ihre Traditionen- zum Beispiel das Weberhandwerk- bis heute bewahren. Nahe der Stadt finden sich einzigartige, natürliche Wunder wie den Árbol del Tule, der mit einem Stammdurchmesser von 14 Metern dickste Baum der Welt oder die erstarrten Wasserfälle von Hierve El Agua.
Fast komplett erhaltene Städte und religiöse Zentren der Zapotekenkultur befinden sich in unmittelbarer Nähe zur wachsenden Stadt. Monte Álban, der weiße Berg, thront auf einem Bergplatteau hoch über der Talsohle von Oaxaca und ist Fundort einiger einzigartiger Reliefe und mit schwindelerregender architektonischer Präzision erbauter Tempel.
San José del Pacifico – ein Refugium über den Wolken
Auf Tipp mehrerer, mit glänzenden Augen erzählender Einheimischer nehmen wir nach 7 Tagen in der Stadt die haarnadelkurvenreiche Strecke nach San José del Pacifico auf uns, ein kleines Dorf in den Bergen auf 2500m Höhe, das neben der zweifelsohne wundervollen Lage für seine „Magic Mushrooms“ bekannt ist, die einen wie uns jeder hier versichert in einen fünfstündigen, filmartigen Rausch versetzen. Das erklärt wohl auch die Massen an Dreadlock-Trägern und Reaktionshippies an diesem Ort.
In der Abenddämmerung, wenn die Sonne orange glühend hinter den Bergen verschwindet, schieben sich die weiß-bläulichen Wolken zwischen die Berge und legen sich wie ein Laken über die Landschaft. San José hat das Glück in einer Höhe zu liegen, die es zulässt, diese atemberaubend schöne Spektakel von oben aus zu beobachten.
Zwei Tage spaeter tauschen wir die blühende Berglandschaft gegen die palmgesäumten Strände der Pazifik. Mehr davon gibt’s im naechsten Bericht…