DIE ANDERE SEITE CHINAS
Einmal China, alles gesehen? Denkste! Nach meinem letzten Trip ins Reich der Mitte war ich schon überwältigt von der kulturellen Vielfalt des Landes. Dabei war ich nur in einem Bruchteil der 9.597.000 km² großen Fläche unterwegs, nämlich im pulsierenden Metropolengürtel an der Ostküste. Dieses Mal gab es das Kontrastprogramm vom Feinsten: Back to nature, die noch weitestgehend wenig touristische Region Chinas auschecken, nämlich die im Westen gelegene Provinz Sichuan. Acht Tage lang war ich umgeben von majestätischen Bergen, tibetischer Kultur und immergrüner Natur. Die Millionenstadt und Hauptstadt der Provinz Chengdu ist zwar alles andere als ein Dorf, doch ist sie um Weiten lässiger als Shanghai und Peking. In diesem Guide lest ihr die wichtigsten Tipps und Sehenswürdigkeiten, die ihr in Sichuan nicht verpassen solltet, allgemeine Infos und vieles mehr!
A - ANREISE
Wie kommt man am Besten nach Sichuan und wie bewegt man sich innerhalb der Region fort? Der schnellste Weg ist natürlich mit dem Flugzeug, von Frankfurt wird die Provinzhauptstadt Chengdu drei mal in der Woche angeflogen. Zwischen neun und zehn Stunden kann der Flug dauern. Wer es abenteuerlicher mag, kann auch mit dem Motorrad über die atemberaubenden Landschaften Zentralasiens nach China gelangen. Ich bin durch die Region mit einem VW-Bus unterwegs gewesen, hier sollte man Maut-Gebühren auf den Autobahnen mit einplanen. Und den Fakt, dass man durchaus mal drei Stunden in einem Autobahntunnel warten muss, da Teile der Straße vor einem gerade neu gebaut werden. Auch schön: Eine Fahrt auf der Jiayang Coal Railway, eine Lokomotivstrecke auf der früher Kohle von Stadt zu Stadt transportiert wurde. Heute wird das Streckennetz nur noch für touristische Zwecke genutzt – und bietet eine nostalgische Zeitreise in die industrielle Revolution Chinas im späten 20. Jahrhundert…
B – BEWÄSSERUNGSSYSTEM DUJIANGYAN
Okay, zugegeben: Der Besuch eines Bewässerungssystems in der Stadt Dujiangyan klang mehr wie ein Trip in die lokalen Klärwerke als nach einem echten Highlight der Reise. Ein Glück sehen chinesische Wassersysteme nicht unbedingt aus wie deutsche: Durch traditionelle Holzarchitektur und anmutigen Hängebrücken über den Wassermassen des Min-Flusses ist die AAAAA-Sehenswürdigkeit (Die „A’s“ stehen für das landesweite Ratingsystem von Sehenswürdigkeiten, mehr als fünffach A geht nicht!) nicht nur das Ergebnis eines ausgeklügelten Systems sondern auch ein ästhetisches Besucherobjekt.
C - CHENGDU
Chengdu ist die Hauptstadt der Provinz Sichuan und ca. 8 Millionen bzw. 14 Millionen Einwohner wenn man das nähere Umfeld miteinschließt. Damit ist sie auch die viertgrößte Stadt Chinas und die größte Stadt im Westen des Landes. Im Gegensatz zu den Mega-Metropolen Peking und Shanghai ist Chengdu vor allem für vergleichsweise günstige Mieten und lässige Atmosphäre bekannt, was sich auch im Nachtleben der jungen Generation widerspiegelt. (siehe „Nightlife“)
D - DANBA TAL
Alpines Heidi-Feeling trifft auf feurigen Sichuan-Pfeffer: Das Danba Tal oder „Tal der Schönheiten“ und „Königreich der Wachtürme“ genannt ist ca. 350 km westlich von Chengdu entfernt. Damit liegt die abgeschiedene Region im autonomen Bezirk Garzê, welches zur tibetischen Kulturregion gehört. Die tibetische Architektur und Lebensart spiegelt sich besonders in den Dörfern Jiaju und Suopo wider, in denen nur mehrere Hundert Einwohner in pittoresken Häusern an Berghängen leben. Prägnant sind die emporragenden Wachtürme der einzelnen Dörfer, die sich imposant in das Landschaftsbild anpassen. Leider sind diese für Touristen nicht begehbar, doch aufgrund der allgemeinen Höhe der Dörfer hat man einen tollen Blick auf das nebelige Tal. Die prächtige Folklore der hier ansässigen tibetischen Minderheit ist mindestens genauso schön wie der Blick im Tal selbst: Der zweiteilige Haarschmuck ist handgewebt und wird in die Haaren geflochten. Die Dorfbewohnerinnen gelten auch als „die schönsten Frauen des Landes“!
E - EMEI SHAN
Über den Wolken… steht man tatsächlich auf dem „emporragenden Augenbrauen-Berg“ Emei Shan, der ca. 3100 Meter in den Himmel emporragt. Für den Aufstieg auf einen der buddhistischen Berge Chinas sollte man ein bisschen Zeit einplanen: Ein Passagierbus fährt ca. 1 ½ bis 2 Stunden vom Fuße des Berges bis hin zu der ersten Hochebene, wo sich Restaurants und Souvenirshops befinden. Von da aus steigt man auf kleinen Treppen höher auf den Berg und kommt an kuriosen Ständen mit Schmetterlingssammlungen und chinesischer Heilmedizin vorbei. Dann geht es auf die Seilbahn, die nichts für Angsthasen ist! Schließlich hat man in den Gondeln einen freien Blick auf die leicht beängstigende Tiefe unter einem, während es immer steiler zum nächsten Aussichtspunkt kommt. Von da aus läuft man ebenfalls ein paar Stufen empor und siehe da: Die goldene Statue von Samantabhadra, eine buddhistische Gottheit die „Weisheit der Wesensgleichheit“ und Güte repräsentiert. Und um einen herum die prächtige Landschaft der mächtigen Gebirge drumherum.
F - FEUERTOPF
Achtung scharf! Der „Hot Pot“ ist ein traditionelles Gericht, welches unserem Fondue-Essen ein wenig ähnelt – nur dass es mit vieeel Chilli und Pfeffer zubereitet wird. Zumindest in der einen Hälfte des metallenen Topfes, die andere Hälfte ist mit „nicht scharfen“ Gewürzen und Hühnerbouillon gefüllt. Im Vergleich zur sonstigen chinesischen Essenskultur nimmt man sich beim Hot-Pot Essen viel Zeit und Muße, sodass das Mahl eine leichte zeremonielle Atmosphäre bekommt. Normalerweise nehmen sich nämlich Chinesen nicht so viel Zeit zum Essen, aus Respekt vor anderen Restaurantbesuchern die ebenfalls dinieren wollen und aus Respekt zur Bedienung, damit sich rechtzeitig Feierabend machen kann. Auch für Vegetarier und Veganer ist das Gericht zu empfehlen, da neben verschiedenen Fleisch- und Fischsorten auch leckeres regionales Gemüse und typischer Chinakohl serviert wird, der in den verschiedenen Brühen gekocht ein ganz neues Geschmackserlebnis wird!
G - GAUMENFREUDE PUR
Die feurige Küche Sichuans ist international berühmt und berüchtigt und löst auf der einen Seite grenzenlose Euphorie bei Scharf-Essern und mulmiges Bauchgrummeln bei Anderen aus. Egal wie sich dein Bauchgefühl entscheidet – das Chuancais Museum 33 km im Nordwesten von Chengdu geht der scharfen Versuchung auf den Grund und beleuchtet die kulinarische Geschichte der Region. Außerdem kann man einen Blick in die Töpfe mit der Quintessenz von Sichuans Speisen werfen: Der Chilli Bohnen Mischung, die in so gut wie jedem Gericht eine entscheidende Rolle spielt. Im museumseigenen Restaurant kommen aber alle auf ihre Kosten, in dem traditionelle Speisen auch ohne als nicht-scharfe Variante angeboten werden.
H - HUANGLONG
Ein Grund, warum ich definitiv ein zweites Mal Sichuan bereisen will ist das UNESCO-Welterbe Huanglong. Hierbei handelt es sich um eine acht Kilometer lange Schlucht, die von einer Bergspitze bis hin zum Tal in Form von kristallklaren Gebirgsseen verläuft. Diese haben mit ein wenig Fantasie die Form von Drachenschuppen, sodass das Landschaftsgebiet auch auf Chinesisch „Gelber Drache“ heißt. Durch das große Erdbeben 2008 wurden ein paar Gebirgsseen zerstört, doch seit 2010 ist es wieder möglich, das einzigartige Naturschauspiel zu bewundern. Auf dieser Reise haben wir Huanglong leider nicht zu Gesicht bekommen, doch das nächste Mal gehört es ganz bestimmt auf meine To-Do-List!
I - INTERNET
Für diejenigen, die auch im Urlaub nicht auf Facebook, Google und Instagram verzichten wollen ist der Download eines sogenannten VPN Clients wärmstens empfohlen. Dieser ermöglicht den Zugriff vieler Apps und Seiten, die in China verboten sind. Top WLAN-Tipp: Viele Netzwerke haben als WLAN-Code die Nummern „12345678“ oder „88888888“ – das mag daran liegen, dass die acht eine Glückszahl in ganz China ist! Da selbst entlegene Regionen mit Strommasten verbunden sind, hat man eigentlich immer guten Empfang.
J - JIUZHAGOU (NEUN-DÖRFER-TAL)
Weniger wegen seiner Bewohner und mehr für die spektakuläre Wasserlandschaften ist das „Neun-Dörfer-Tal“ bekannt. Durch große regionale Höhenunterschiede haben sich mit der Zeit Wasserfälle, Teiche, kleine Seen und Flusstäler gebildet. Das Farbenspiel der verschiedenen Flora und Fauna verleiht der Gegend einen magischen Touch!
K - KLIMA
Ich packe meinen Koffer und nehme mit… eine Regenjacke oder einen Regenschirm! Tatsächlich kann ich diese regenschützenden Accessoires jedem ans Herz legen, egal ob er in das Stadtleben Chengdus oder in die luftigen Höhen des Emei Shans eintauchen will. Ab und zu wird man von plötzlichem Regen überrascht, der meistens nach wenigen Minuten wieder aufhört. Ansonsten ist der Himmel überdurchschnittlich bewölkt, was aufgrund der hohen Sommertemperaturen allerdings ganz angenehm ist. Bei Bergwanderungen trotz heißen Tal-Temperaturen immer warme Sachen mitnehmen! Auf den Bergspitzen liegt auch im Juni nämlich teilweise Schnee.
L - LESHAN
„Der Berg ist ein Buddha und der Buddha ist ein Berg“ lautet ein bekanntes chinesisches Sprichwort. Tatsächlich passt sich der in Stein gemeißelte Buddha von Leshan seiner felsigen Umgebung ziemlich gut an und ist mit einer Höhe von 71 Metern der größte Steinbuddha der Welt. Eine Legende besagt, dass der chinesische Mönch Haitong den Buddha bauen wollte um die wilden Gewässer um Leshan rum zu besänftigen. Tatsächlich ist seit den über 1000 Jahren Bestehenzeit des Buddhas kein Schiffsunglück zustande gekommen, was vielleicht auch an der Menge an Steinfelsen liegt, die durch den Bau in den Fluss deponiert wurden und so keine Gefahr mehr darstellten. Auf zwei Wegen kann man aus unterschiedlichen Perspektiven einen Blick auf den Buddha erhaschen: Entweder man klettert seitlich des Buddhas mehrere Stufen herauf oder man beschreitet die Erkundungstour mit einem Toursitenboot, welches zweimal an der Statue vorbeifährt und frontal vor der Statue für Bilder und Sonstiges stoppt.
KOOPERATION
Die Reise nach Sichuan fand in Kooperation mit dem Fremdenverkehrsamt China statt. Folgt unserem Partnern auch auf Facebook und Instagram. Sämtliche redaktionell entstandenen Beiträge bleiben von der Kooperation unberührt.
Wir freuen uns über das tolle Programm und sagen Danke für die Organisation der Reise!
Photo Credits Titelbild: Anna Heupel