START YOUR DAY RIGHT

Italienische Gemütlichkeit beginnt genau dann, wenn der immer pünktliche Deutsche bereits zwei Stunden seines 8 to 5 Jobs hinter sich gebracht hat – nämlich nicht vor 10 Uhr morgens. Mit ofenfrischen Crossaints in der Hand tritt unser leicht verschlafener Airbnb-Gastgeber in sein liebevoll eingerichtetes Appartement, um uns einen wirklich italienisch und verdammt guten Espresso aus frischen Arabica-Bohnen zuzubereiten, während Quirin noch unter der Dusche steht. Der von ihm am Abend zuvor empfohlene feine Rebensaft aus der Piemont-Region sitzt uns noch im Nacken; doch Ruggero, wie unser herzlicher Gastgeber heiß, beruhigt mich bei dem hektischen Versuch ihm zu helfen das Frühstück zuzubereiten. Er drückt mir sein Lieblingsbuch in die Hand, winkt mich zu dem Fensterbrett auf das die Morgensonne hier täglich wunderschön schien und reicht mir einen Espresso, der mich trotz seiner Stärke eher beruhigte als aufgedrehter machte. Er ging zu seinen Plattenspielern, wühlte in seiner Sammlung und zückte glücklicherweise nicht Eros Ramazotti, sondern Apparat, den wir noch am Abend zuvor im Konzertsaal der staatlichen Musikhochschule, dem Conservatorio, live hören durften.

VIEL GRÜN UND VIEL WASSER - DAS IST TURIN

Obwohl ich es für gewöhnlich mag, noch unbekannte Städte auf eigene Faust zu erkunden, schätzte ich Ruggeros italienische Gelassenheit, bevor er uns in aller Seelenruhe langsam vom historischen Stadtkern Aurora durch schmale und reich verzierte kleine Gässchen in Richtung des Flusses führte, der das Tal und damit auch Turin durchzog. Etwas erschrocken von meiner rastlosen Art, tippt mich Ruggero auf den Arm und sagt, was ich schon längst wusste: „Martin, du solltest dich treiben lassen. Wie könntest du sonst diese Stadt auf dich wirken lassen.“ Ich konnte ihm nicht widersprechen und saß bereits wenige Minuten später mit unzähligen Italienern beim nunmehr dritten Espresso auf der Piazza Vittorio Veneto, bevor ich mir die Worte des herzlichen Italos zu Herzen nahm und wir seelenruhig die Promenade flussabwärts bis zum noch immer grünen Parco el Valentino schlenderten.

EIN AUSBLICK, DER SEINESGLEICHEN SUCHT

So eine kleine private Tour hat durchaus ihre Vorteile. So konnte uns Ruggero nicht nur etwas über die Katakomben unter der Stadt erzählen, sondern auch dass Turin die erste Hauptstadt Italiens war. Dass Turin zwar in den Zeiten des Barocks eine zentrale Rolle spielte aber noch viel interessanter, eine der bedeutendsten Industrie-Städte durch die Fiat-Werke in den 70er und 80er Jahren war. Auf dem Weg hoch zur Santa Maria del Monte am östlichen Rand der Stadt, wurde mir bereits klar, dass Turin eine Stadt ist wie keine Zweite. Diese Stadt wimmelt nur so von Gegensätzen. Das beginnt mit der Architektur, die stark von der Zeit des Barocks und später von der Industrie geprägt war. Zudem ist Turin eine italienische Stadt in der es im Sommer mit 40 Grad brütend heiß wird, während die schneebedeckten Hänge der Alpen nur einen Katzensprung entfernt sind. Und dann gibt es die Old-Fashioned-Elite aber dank der Universität auch jede Menge frischer Impulse, die in dieser Stadt erstaunlich gut mit alten Traditionen Hand in Hand gehen. Als wir die Kirche am Bergkamm endlich erreichten und ich einen Blick auf die Metropole verwerfen konnte, habe ich erstmals verstanden, was Turin für eine einzigartige Stadt ist.

WHEN THE SUN GOES DOWN

Ruggero verabschiedete uns um seine zweistündige Autofahrt nach Mailand anzutreten, doch nicht ohne uns am Wahrzeichen der Stadt, der Mole Antonelliana abzusetzen, wünschte uns viele schöne Tage und verschwand mit seinem Fiat in den Menschenmengen der kleinen engen Seitenstraßen, nachdem er drei mal hupte und durch das geöffnete Fenster Arrivederci rief. Was mich im Inneren dieser atemberaubenden Kathetralde erwartete wusste ich nicht und auch Ruggero machte ein kleines Geheimnis daraus. Ein Filmmuesum hätte ich jedoch nicht erwartet, doch begeisterte es mich als Filmliebhaber und alten Medien- und Kommunikationsstudenten natürlich umso mehr. Knapp drei Stunden ging es kreuz und quer durch kleine Wendeltreppen weiter hoch und entlang der Filmgeschichte. Von ersten Lochkameras, vorbei an italienischen Klassikern bis zu den Filmen der Neuzeit. Um ganz nach oben zu gelangen brauchte es ein schwindelfreies Gemüt, für das ich allerdings weniger bekannt bin. Ich überwindete mich jedoch, nahm den freischwebenden gläsernen Aufzug und wurde ganz oben mit einem Blick über das mittlerweile in Nacht gehauchte Turin mehr als entschädigt.

LATE NIGHT ARCHITECTURE WALK

Der Tag hätte kaum einen besseren Ausklang finden können bis schließlich – und auch das musste ich auf meiner Reise lernen – eine neue Überraschung ins Haus stand. Wir trafen Alberto, einen 65-jährigen Architekten aus Italien, der bereits am Abend zuvor eine angeregte Unterhaltung mit meiner Begleitung und Architekten Quirin führte. Mit einer Zigarette in der einen Hand, einen Espresso (natürlich) in der anderen Hand, führte er uns durch die historischen Straßen und konnte uns über ein jedes Gebäude so viel erzählen, wie ich schon längst nicht mehr fassen konnte. Er bemerkte meine Müdigkeit, lud uns noch schnell auf ein traditionelles Sandwich mit Büffelmozeralla und Parmaschinken ein, bevor auch er in den dunklen Gässchen verschwand, ohne zu bemerken, wie sehr wir seine herzliche und gastfreundliche Art eigentlich schätzten. Bei einem letzten Wein, in der von Ruggero zuvor empfohlenen Weinerei, stellten wir fest: das war ein ereignisreicher und doch erholsamer Tag, wie wir ihn so garantiert nur in Turin erlebt hätten können.

MEHR

Die Reise nach Turin findet in Kooperation mit Airbnb statt. Folgt unserem Partner auch auf InstagramFacebook oder Twitter. Sämtliche redaktionell entstandenen Beiträge bleiben von der Kooperation unberührt.

Wir danken Airbnb für die Gastfreundschaft und Unterkunft in Turin. Die Unterkunft unseres Gastgebers Ruggero findet ihr hier.