Während ich hier sitze, läuft leise „Ain’t no sunshine when she’s gone“ im Radio im Hintergrund und ich höre, wie der Regen auf das Metall meines Balkons tropft. Ich stelle im nächsten Moment fest, dass die Wäsche auch noch draussen steht – aber dass ich sie jetzt auch stehen lassen kann – es regnet schon ziemlich lange. Als ich heute morgen aufgewacht bin, war strahlend blauer Himmel. Sieht so aus, als wäre das Wetter wohl momentan genau so unentschlossen, wie ich selber auch. Aus einem Moment des Sonnenscheins, himmelhochjauchzend, stürze ich hinab in das tiefste Grau, zu Tode betrübt. Das kann nicht nur am Wetter liegen.

Was hab ich mir schon den Kopf zerbrochen, nächtliche Gespräche in diversen Küchen bis zum Morgengrauen geführt, das Kopfkino mit Rotwein betäubt. Rausgekommen ist immer eines: es gibt kein Problem. Was ist es dann, was mich so innerlich auf Trab hält und sich bis in meinen Bauch zieht, mir in letzter Zeit so oft und meist aus dem Nichts ein flaues Gefühl macht? Ist es die Zeit, ist es das vermeintliche Erwachsenwerden, von dem immer alle plappern?

 

Nachtigall, ick hör dir tapsen…! Was auf jeden Fall unumstritten ist, ist, dass dieses Jahr für mich viele Veränderungen mit sich bringen wird. Vielleicht ist es die Ruhe vor dem Sturm, die mich so beunruhigt. Nach drei Jahren der Vogelfreiheit, der Sorglosigkeit und der Sicherheit im Rücken, bin ich nun im Sommer mit dem Studium fertig… Was danach kommt? Keine Ahnung. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich absolut keine Ahnung, welchen Kurs ich einschlagen will, welches Segel ich hissen will. Welcher Wind wehen wird. Ob ich erstmal über das Mittelmeer oder gleich über den Atlantik will. Ob ich einen kleinen oder einen großen Schritt machen will. Ich weiß nur, dass irgendwo auf der Karte ein paar Kreuze eingezeichnet sind und dass ich vielleicht bald in einer Stadt am Meer wohnen will.

In Zeiten wie diesen widme ich oft Sigmund Freud mit seiner Psychoanalyse meine letzten Gedanken am Ende des Tages, kurz bevor ich mich ins Land der Träume verabschiede. Manchmal kommt was dabei raus, manchmal wird mein Gehirn dabei nur zu Brei und ich muss sofort damit aufhören mir auch nur noch einen einzigen, weiteren Gedanken zu machen. Ich analysiere gern, reflektiere viel und versuche, jeden Geisteszustand zurückzuführen – alles hat seine Gründe und ich bin der festen Überzeugung, dass das Selbst die beste Medizin gegen jede Depression ist (wenn ich auch wirklich nicht der Typ für Depressionen bin und war, denke ich, dass eine solche sich ungefähr so anfühlt). Man muss sich nur vertrauen – und genügend Selbstbewusstsein haben, um sicher zu sein, dass man selber immer noch die beste Entscheidung treffen kann. Womit wir nun, vermeintlich, am Knackpunkt und meiner persönlichen Schwachstelle wären.

Problem ist, und da bin ich ganz sicher nicht allein, dass immer alle zu allem eine Meinung haben. Dass vermeintlich jeder weiß, was gut für dich ist. Jeder weiß, wer du eigentlich wirklich bist, was du tun musst, um glücklich zu werden. Was das Richtige ist und was auf gar keinen Fall irgendeinen Sinn macht. Manche sagen es dir direkt. Manche sagen es dir, indem sie alles andere außer ihrer eigenen Meinung herabschätzen. Ich habe festgestellt, dass es oft gar nicht das Richtige ist, über alle Dinge mit vielen Leuten zu sprechen und sich viele Meinungen einzuholen. What you can rely on most, is your only self.

Wir müssen aufhören, uns immer nach links und rechts zu orientieren in einer Welt, die aus allen Ecken strahlt. Wir müssen uns auch immer mal wieder vor Augen führen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und vielleicht erzähle ich hier vielen überhaupt gar nichts Neues, weil ihr längst schon so klug seid und das wisst. Aber für mich ist das, glaube ich, häufig der Grund für ein leises, flaues Bauchgefühl. Das Herabsetzen meiner eigenen Meinung und eine zu kritische Haltung zu mir selber. Lass die Leute reden, sie reden viel. Und erzeugen Probleme, die man nicht zurückführen kann, weil sie einfach keine sind.

Titelbild von Thang Dai