In diesen Stunden fällt es mir leicht, mich mit moralischer Überlegenheit über ein Land zu stellen, das einen Präsidenten gewählt hat, der Angst geschürt und Hass und Misstrauen gesät hat.
Aber diese moralische Überlegenheit ist gefährlich und trügerisch. Und sehr bequem.
Wie kann man so dumm sein und Donald Trump wählen, frage ich mich. Einen der nicht versteht oder verstehen will, was es mit dem Klimawandel auf sich hat. Und steige ins nächstbeste Auto, um zum Yoga zu fahren. Immerhin regnet es. Und generell stehe ich ja auf der richtigen Seite.
Am Abend freue ich mich auf mein Steak. Schließlich ist es Bio und Bio ist doch gut. Um den Klimawandel sollen sich die Anderen kümmern. Dafür hab ich sie ja gewählt. Einmal alle vier Jahre.
Und immer das Richtige. Meistens. Außer zur Europawahl. Da war das Wetter schön. Und wir in Brandenburg am See. Und die in Brüssel – was machen die schon richtig? Wenn sie überhaupt was machen. Zur Stimmabgabe hab ich es dann nicht rechtzeitig zurück in die Stadt geschafft. Aber das nächste Mal bestimmt.
Wie kann man einen Präsidenten wählen, der eine Mauer zu Mexiko errichten und Muslimen die Einreise verweigern will, frage ich mich. Und bin doch froh, dass die Moschee und das Flüchtlingsheim nicht bei mir um die Ecke errichtet werden. Der Lärm, die Leute, das Fremde… ich hab da nix dagegen. Aber direkt hier vor der Tür, das macht mir ein komisches Gefühl.
„Ich ignoriere sie nicht aus Prinzip, sondern weil ich noch schnell meinen Instagram Feed checken muss. Ich stehe ja auf der richtigen Seite.“
Wie kann man einen Präsidenten wählen, dessen Weltbild fernab der Realität zu sein scheint, frage ich mich. Und ignoriere das Elend, Leid und Hunger in der Hälfte aller Ecken dieser Erde. Ignoriere 28 Kriege, die im letzten Jahr tobten, ignoriere die 65 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, ignoriere die 765 Millionen Hungernden weltweit. Ich ignoriere sie nicht aus Prinzip, sondern weil ich noch schnell meinen Instagram Feed checken muss. Ich stehe ja auf der richtigen Seite.
Es ist leicht sich heute über den Ausgang der amerikanischen Wahl aufzuregen. Besser wäre es, wenn wir die Verantwortung dafür anerkennen würden, dass wir es sind, die etwas ändern können. In dem wir uns entscheiden, wie wir leben wollen. Indem wir erkennen, was uns wichtig ist und danach auch handeln. Indem wir anerkennen, dass es nicht ausreicht, alle vier Jahre ein Kreuz auf einen Wahlzettel zu machen. Sondern indem wir erkennen, dass wir die Wahl haben – jeden Tag. Wir können die Welt im Kleinen verändern, wir können uns mit Liebe statt mit Angst begegnen, wir können unseren Konsum überdenken und aktiv werden. Für das, woran wir glauben.
Wir können unsere Welt zu einem besseren Ort machen.
Macht was.