Wenn im Fernsehen alles von, über oder mit Shah Rukh Khan ist.

Wenn 20.000 Ratten dreimal am Tag gefüttert werden, ihren eigenen Tempel haben und heilig sind.

Wenn ein einfaches Moped zum Mehr-Generationen-Transportmittel wird.

Wenn Geisterfahrer zum normalen Verkehrsbild gehören und eine einspurige Straße kurzerhand zur vierspurigen wird.

Wenn Anschnallgurte nur für den Fahrer existieren und einem beim verzweifelten Versuch sie auf der Rücksitzbank ausfindig zu machen ein strahlendes „No Worries, Miss“ entgegengebracht wird, wie es Dev Patel nicht schöner hätte sagen können.

Wenn prachtvolle Parkanlagen und eindrucksvolle Tempel und Grabmale direkt neben Slums und verheerenden Armenvierteln stehen.

Wenn mitten im Nirgendwo plötzlich ein mächtiger, prachtvoller Palast eines Maharadschas auftaucht.

Wenn man an einem Tag mehr Abgase einatmet als sonst in einem halben Jahr.

Wenn all das zutrifft befindet man sich derzeit höchstwahrscheinlich auf dem subtropischen Kontinent Indien.


Indien gibt einem keine Schonfrist. Wenn Du da bist bist du da. Keine Eingewöhnungsphase, keine kurze Verschnaufpause. Von Null auf Hundert in unter einer Sekunde. Alles ist anders und extrem.

Meine grandiosen Bekannten, bei denen ich im Oman gewohnt habe und die zwei Jahre in Delhi verbracht haben, hatten mich vorgewarnt: du kommst an und wirst es wahrscheinlich hassen. Am dritten Tag ist es immer noch zu laut, zu dreckig und zu voll – Du musst Dich einfach drauf einlassen.

Und genau das mache ich.

Ich versuche recht normal zu schauen wenn ich mich in einem Tempel befinde, in dem 20.000 heilige Ratten residieren, die mehrmals täglich gefüttert, gehegt und gepflegt werden und einem natürlich über die Füsse laufen dürfen (dass man Tempel barfuß betritt ist klar, oder?!).

Wenn man am Bahnhof in Delhi steht, der Nachtzug nach Bikaner (14h entfernt) einfährt und die ersten Inder noch vor Anhalten des Zuges die Fenster ausheben, Taschen reinwerfen und Mama, Kind und Oma reingehievt werden (viele Inder + begrenzte Anzahl an Sitzplätzen = Förderung des Einfallsreichtums).

Dann atme ich einmal tief durch und sage mir „Es ist eben Indien“.

Indien, dieses grandios farbenfrohe, laute, nie langweilige, absolut faszinierende Land.

Liebst,
Teresa

Über WELTLING

Teresa, 25, packt ihre Siebensachen und macht sich auf große Reise. In 10 Stationen führt sie ihr Weg über 4 Kontinente einmal um den Globus. Für i-ref berichtet sie in Schrift und Bild regelmäßig von ihrem großen Abenteuer.